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Opfer getreten
und geschlagen

Jugendgericht verhängt Dauerarrest

Bünde (cl). Ihr Verhalten vor Gericht wurde den beiden Russlanddeutschen Konrad A. (19) und dem ein Jahr jüngeren Martin K. (Namen geändert) aus Bünde fast ebenso negativ angerechnet wie ihre Straftaten vom Abend des 1. Oktober 2004. Sie wurden wegen gemeinschaftlicher schwerer Körperverletzung verurteilt.

Die Angeklagten hatten mit Bekannten auf einem ehemaligen Spielplatz in Hunnebrock, der zum Jugendtreff umgewandelt worden ist, gezecht. Ein 36-jähriger Bünder legte ganz in der Nähe auf dem Heimweg eine Zigarettenpause ein. Ohne jeden vernüftigen Anlass trat Konrad A. dem Sitzenden ins Gesicht und prügelte wahllos mit den Fäusten auf ihn ein. Martin K. beteiligte sich eifrig, später auch noch ein unbekannt gebliebener Dritter. Schon wegen seines künstlichen Kniegelenks hatte das Opfer keine Chance zu fliehen.
Anschließend wurde dem Überfallenen noch eine Leinentasche mit zwei Flaschen Bier, die umgehend ausgetrunken wurden, vom Fahrradlenker gestohlen. Damit wurde nicht »nur« über gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung verhandelt, »man kann Leute so auch ins Jenseits befördern«, sagte der Vorsitzende Richter Dieter Bollhorst, sondern auch noch über einen Raub.
Beim Jugendschöffengericht können Angeklagte mit Reue und Einsicht noch das Allermeiste retten. Aber Konrad A. gab nur einen einzigen Schlag zu, für den er sich entschuldigte. Martin K. will das Opfer überhaupt nicht berührt, aber eventuell das Bier mitgetrunken haben. Trotz der überzeugenden Zeugenaussage des Drangsalierten hielten die Angeklagten an ihrer Taktik fest.
So verhängten der Vorsitzende und das Schöffenpaar auf Antrag von Staatsanwältin Schnat jeweils zwei Wochen Dauerarrest und 40 beziehungsweise 20 gemeinnützige Arbeitsstunden. Beide Angeklagte absolvieren derzeit eine Berufsausbildung, was »durchaus nicht selbstverständlich bei dieser Gruppe ist«, wie auch von den Verteidigern Eggersmann und Weber betont wurde. Um die Lehre nicht zu gefährden, müssen die Heranwachsenden einen Großteil ihres Jahresurlaubes für den Arrest opfern.

Artikel vom 07.04.2005