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Nationalpark
in Privatregie

Neue Aspekte bei IHK-Diskussion

Von Jürgen Köster
Bad Driburg (WB). »Warum unterstellt man nicht den Nationalpark einer privatwirtschaftlichen Organisation, die damit Geld verdient und somit auch Steuern zahlt?«. Einen völlig neuen Aspekt in die Nationalpark-Diskussion brachte Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff beim IHK-Wirtschaftsgespräch ins Spiel.

Die Staatsquote in Deutschland sei sowieso wesentlich zu hoch, meinte der Unternehmer, der für Bad Driburg auch eine gute Chance sieht, die ihr ein Nationalpark böte. Allerdings plädierte Graf von Oeynhausen für einen reinen Nationalpark Eggegebirge. Das Konstrukt »Senne-Egge« hielt er für ausgesprochen unglücklich.
Bei einer Beschränkung auf die Egge werde dieser nicht komplett »die Käseglocke übergestülpt«, sondern es blieben wenigstens 50 Prozent, die nicht als Prozessschutzzone ausgewiesen würden. Bei einem Naturpark Senne-Egge stelle die Egge allein diese Schutzzone dar.
Grundsätzlich sprach sich Graf von Oeynhausen dafür aus, das Thema sachlich zu diskutieren. Bad Driburg müsse sich aber aktiv zu Wort melden. »Sonst fahren die Züge hier wieder einmal vorbei«, befürchtete er. Ein Nationalpark sei für Bad Driburg ausgesprochen interessant, »weil er uns ein Profil verschafft«. Graf von Oeynhausen: »Wir suchen schon lange nach einer Dachmarke, dies könnte eine sein. Ein Nationalpark bietet eine überaus große Chance für den Standort Bad Driburg, hat aber auch gravierende Auswirkungen, weil die Stadt in seinem Zentrum liegt.«
Eine vorläufige Bewertung von Seiten der Industrie- und Handelskammer hatte zuvor Markus Lehrmann, Leiter des Referates Verkehr, Stadt- und Regionalplanung bei der IHK, vorgestellt. Die IHK suche derzeit noch »die Position, in der sich alle wiederfinden -Êdie Industrie und die Händler gleichermaßen«. Bei dem »Vorzeigenationalpark Eifel« habe das Land »mächtig Gas gegeben«, stellte Lehrmann fest. Zwischen den ersten Planungsschritten und der Eröffnung hätten gerade mal zwei Jahre gelegen. Lehrmann: »Das wollen wir hier nicht, weil doch die ein andere Chance, die der Nationalpark bietet, verpasst werden könnte.«
Bei einem Nationalpark Senne-Egge mit einer Gesamtfläche von 22 000 Hektar werde die Hälfte zu einer Prozessschutzzone erklärt. Dies wäre dann der Eggewald, urteilte Lehrmann. Verboten seien in dieser Zone der Einschlag standortgerechter Hölzer, das Verlassen der Wege, das Bauen und die Umwandlung von Natur- zu Siedlungsflächen, der Sand- und der Kiesabbau. Erlaubt sei Wandern auf dem Wegenetz (ohne Zäune, mit Besucherlenkung) sowie die Hege und Pflege der Wildbestände. Darüber hinaus werde ein Nationalpark ohne Umgebungsschutz ausgewiesen.
Als positive wirtschaftliche Effekte nannte Lehrmann: steigende Übernachtungszahlen, mehr Tagestouristen, zusätzlichen Konsum durch mehr Besucher, die Imageförderung, ein zusätzliches Werbeargument sowie die Verbesserung der Standortbedingungen.
Negativ wirke sich der Wegfall des Beschaffungsmarktes für Laubholz aus. Hier sah Lehrmann sogar existenzbedrohende Auswirkungen. Hinzu komme langfristig der Wegfall der Beschaffung von Nadelhölzern. »Eine Gesamtabwägung ist bei uns jedoch noch offen«, schloss der IHK-Referatsleiter seine Ausführungen. Er sprach sich jedoch dafür aus, das Thema sachlich zu diskutieren und »nicht im Vorwahlkampf zu zermahlen, das wäre zu schade.« Zielrichtung sei die Nationalparkausweisung im Jahr 2008.

Artikel vom 06.04.2005