05.04.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Cello-Konzert hilft »gegen Kälte«

Thomas Beckmann spielt zu Gunsten obdachloser Menschen

Gütersloh (ei). »Gemeinsam gegen Kälte« - nachdem in der Vergangenheit eher Großstädte Veranstaltungsort für die Benefiztournee des außergewöhnlichen Cello-Stars Thomas Beckmann waren, spielt der Künstler diesmal vor allem in Mittelzentren. In Gütersloh werden die Zuhörer am Freitag, 8. April, in der Martin-Luther-Kirche musikalisch verwöhnt - und das sogar für einen guten Zweck

Seit 1996 spielt Beckmann Cello für die obdachlosen Menschen, konnte in 40 Städten mehr als 100 Projekte »anschieben« - und spielte während der fünf bisherigen Tourneereisen mehr als eine Million Euro ein. Gütersloh wird der zweite Veranstaltungsort seiner Frühjahrstournee sein, 21 weitere Konzerte folgen dann im täglichen Abstand quer durch die Republik. Beckmann tritt ohne Gagen zusammen mit seiner Frau, der Pianistin Kayoko, auf.
In Gütersloh, so Anette Brauksiepe von der Stadtverwaltung und Volker Heinrich von der Diakonie, soll das Geld für die Wohngruppenbetreuung und die medizinische Versorgung verwendet werden. Thomas Beckmann habe diesem Vorschlag zugestimmt, erfahrungsgemäß kontrolliert er anschließend auch die Verwendung des Geldes.
»Im vergangenen Jahr haben wir 350 Einzelpersonen beraten, die von Obdachlosigkeit berührt waren«, erläutert Heinrich seinen Aufgabenbereich. »In vier Wohngruppen können bis zu zehn Menschen vorübergehend untergebracht werden«, formuliert Anette Brauksiepe die Bemühungen, die Obdachlosen mit ihren aus einem Mietvertrag hervorgehenden Pflichten ebenso vertraut zu machen wie mit der Nachbarschaft.
»Allerdings müssen wir mit ihnen zunächst ein Selbstwertgefühl aufbauen«, erklärt Annette Brauksiepe weiter, »die Obdachlosen müssen es sich selber Wert sein, einen festen Wohnsitz zu haben«. Zunächst werden die Obdachlosen für ein halbes Jahr in einer solchen Gruppe, die geschlechterübergreifend zusammengesetzt wird, betreut.
Am 30. Juni 2004 lebten 120 Menschen in städtischen Notunterkünften, 80 von ihnen waren allein stehend. Neben dem primären Wohnungsproblem ist auch die medizinische Betreuung der Betroffenen Aufgabe der sozialen Hilfen. Durch das Gütersloher »Netzwerk« konnte auch hier geholfen werden. Die Suppenküche ist seit drei Jahren ein beliebter Treffpunkt der Szene, in einem Nebenraum des Diakoniegebäudes ist auch ein medizinisches Sprechzimmer untergebracht. »Da trauen sich unsere Obdachlosen eher hin, als in eine normale Arztpraxis«, weiß Heinrich. Die Wohnungslosen hätten in ihrer Situation oft viele Ängste. »Zwar arbeitet hier ein engagierter Mediziner, doch die Ausstattung der Praxis ist sehr verbesserungswürdig«, so Heinrich weiter.
»Die Martin-Luther-Kirche eignet sich als Veranstaltungsort besonders, weil es ein beliebter Treffpunkt der Szene ist«, betont Pfarrer Andreas Walczak-Detert. Auch wenn es manchmal zu Polizeieinsätzen komme, sehe er sie als »unsere Gäste«, eine Bedrohung von Gottesdienstbesuchern habe es seines Wissens nach noch nie gegeben. Es seien oft Vorurteile, die eine gewisse Skepsis hervorriefen. »Und wenn wir bei kleineren Arbeiten mal Hilfe brauchen, helfen sie uns gerne und tatkräftig«, berichtet der Pastor aus eigener Erfahrung.
Konzertkarten gibt es in der Buchhandlung Osthus, beim Verkehrsverein, in der MusiKiste und den Diakoniehäusern an Schul- und Kirchstraße.

Artikel vom 05.04.2005