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Die Kolumne Stadtgespräch erscheint mittwochs in dieser Zeitung.

Stadt
Gespräch

40 Jahre am »Katzentisch« (114. Folge):Alle halten Nixdorf in Ehren


Enkelsohn Marc Lucas (7) kann strunzen, wenn er wöchentlich im Ahorn-Sportpark bei Inga Leiwesmeier springen, turnen und mit dem Ball hüpfen darf: »Mein Großvater hat Herrn Nixdorf sehr gut gekannt, er hat sogar Bier mit ihm getrunken». Auch dem älteren Enkelsohn Alexander (10) muss ich immer wieder erklären, was Heinz Nixdorf für seine Heimatstadt und die Region geleistet hat.
Im Foyer des Heinz-Nixdorf-MuseumsForum (HNF) werden permanent zwei Filme gezeigt (Eintritt frei): Streifzug durch die Welt der Computer, sowie 30 Minuten Heinz Nixdorf als Gründer, Chef und Westfale. Zeitzeugen kommen zu Wort: Altbundeskanzler Helmut Schmidt, Altbürgermeister Willi Lüke, Stadtdirektor a. D. Wilhelm Ferlings, Aufsichtsratsvorsitzender Gerhard Schmidt, Pfarrer Wilhelm Jürgens, Mitarbeiter und Freunde wie Ludwig Fletcher und Nixdorf-Fahrer und Partner im Segelboot, Heinz Pieper. Nixdorf und Pieper waren das einzige Team bei internationalen Segelmeisterschaften, das sich siezte. In diesem Film entdeckte Marc Lucas auch das Biertrinken Heinz Nixdorfs mit seinem Opa, - aufgenommen auf dem Paderborner Schützenfest 1985!
Ich nehme an, dass wir in diesem Jahr in Paderborn 700 neue Arbeitsplätze schaffen. Die Zahl der Mitarbeiter in der Produktion Paderborn hat sich in den vergangenen sechs Jahren verdoppelt. Dreiviertel der 700 neuen Lehrlinge stammen aus unserer Region. Alle wurden bisher übernommen«. Das sagte mir Heinz Nixdorf anlässlich seines 60. Geburtstages Anfang April 1985.
Er steckte voller Pläne, starb aber schon ein Jahr später. Sein 1952 in Paderborn als »Labor für Impulstechnik« gegründetes Unternehmen erreichte 1988 den Höhepunkt: 2,5 Millarden Euro Umsatz, 31.000 Mitarbeiter in mehr als 40 Ländern, davon an die 9000 in Paderborn.
Nixdorf dachte laut Verbesserungen der Infrastruktur an: Kanal von Hamm bis Paderborn für Transportschiffe und ein westfälischer Flughafen zwischen Münster und Paderborn. Die Autobahnen A 33 und A 44 erfreuten ihn. Er sorgte für den repräsentanten Neubau seiner Hausbank am Westerntor. Gegenüber Hessen Kreuz liess er eine eigene Stromzufuhr errichten: »Ich möchte bei einem Streik der ÖTV uneingeschränkt weiterarbeiten dürfen.«
Bei der Bedarfsuntersuchung für den Nixdorf-Strom stellte der Computer-Pionier fest, dass im Produktionsbetrieb an der Alme die meisten Geräte schon 30 bis 15 Minuten vor Dienstschluss abgeschaltet wurden. Er wollte den Regionalflughafen Paderborn-Lippstadt zum Nixdorf-Airport machen, strich aber alle Pläne, als einer seiner Piloten bei der Überführung einer neuen Maschine über Grönland spurlos verschwand.
Fürsorglich: Jeder Mitarbeiter, der frühmorgens aus Übersee auf dem Frankfurter Flugplatz landete, wurde von der Fahrbereitschaft abgeholt. Dem Paderborner Luftsportverein spendierte er das Hochleistungs-Segelflugzeug »Renate«. Der Stadt schenkte er einen automatischen Kontroll-Steiger nach tödlichem Unfall einer 46-jährigen Frau durch eine umstürzende Kastanie an der Herz-Jesu-Kirche. In Verlängerung der Spitalmauer ließ er eine Holzbrücke über die Pader bauen als Verbindung zum Maspernplatz. Als überzeugter Westfale schimpfte er allabendlich, wenn im WDR die Wettervorhersage in rheinischer Mundart erfolgte.
Nixdorf wurde Manager und Unternehmer des Jahres 1985, trug die Konrad-Zuse-Medaille und erhielt den Ludwig-Erhard-Preis. Die Ehrenbürger-Ernennung scheiterte vor 20 Jahren an der Sturheit der Sozialdemokraten und Grünen im Rat. Und die CDU hatte keinen Mut zur Abstimmung im Rathaus. Die Paderborner Bürger aber halten ihren Heinz Nixdorf in Ehren! Georg Vockel

Artikel vom 06.04.2005