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Millionen fließen in den Kanal

Sanierungskosten schwer zu überblicken - Maßnahmen auch am Gewässer notwendig

Harsewinkel (peb). Viel Geld wird der Abwasserbetrieb in den kommenden Jahren in die Hand nehmen müssen, um das Kanalnetz zu sanieren: 6,25 Millionen Euro, so die Schätzung des beauftragten Ingenieur-Büros, alleine für eine Erweiterung des Mischkanalsystems, das an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen ist.

Die Fachleute hatten in einer ersten Untersuchung einige »signifikante Überlastungen« des Mischkanalnetzes anhand von Berechnungen festgestellt. Bei starken Regenfällen können die Abwasserleitungen die Wassermengen an verschiedenen Engpässen nicht mehr bewältigen, damit droht der Kanal regelrecht über- und Abwasser auszulaufen (das WB berichtete am 8. Dezember). Kritische Punkte befinden sich demnach unter anderem im Bereich Bahnhofstraße, Ostheide und Gütersloher Straße.
Dr.-Ing Richard Rohlfing präsentierte in der gemeinsamen Sitzung des Werks- und des Umweltausschusses am Montagabend verschiedene Maßnahmen, um die Kapazität des Kanals zu erweitern. Seine Empfehlungen:
l In Harsewinkel: Zwei Regenrückhaltebecken, die Vergrößerung von Rohren, neue Verbindungen im Kanalnetz und die Versickerung von Regenwasser auf bestimmten Grundstücken (Kosten: 5,4 Millionen Euro).
l In Greffen: Maßnahmen zur Versickerung und Rohrvergrößerungen (500 000 Euro).
l In Marienfeld: Versickerung von Regenwasser, neue Verbindungsrohre im Kanalnetz und die Vergrößerung von Rohrleitungen (350 000 Euro).
Mit den 6,25 Millionen Euro Kosten - die über die Gebühren von den Bürgern erhoben werden dürften - sind indes nicht alle Probleme beseitigt, wie die Verwaltung bestätigte. In welchem Umfang zudem marode Leitungen im Kanalsystem erneuert werden müssen, wird noch erhoben. Nach dem Beschluss der Politiker soll die Verwaltung in Kürze den Sanierungsbedarf und die Kosten ermitteln und dem Werksausschuss vorlegen.
Noch schwerer könnten die Kosten für Maßnahmen an den Gewässern wiegen, in die die Stadt Regenwasser und Wasser aus der Mischkanalisation leitet, allen voran der Abrooksbach. Damit das Land die Einleitungsgenehmigung erneuert, sind Umweltstandards nach EU-Recht zu berücksichtigen. Um sich den geforderten Standards zumindest anzunähern, berechneten die beauftragten Ingenieure um Richard Rohlfing einen Finanzierungsbedarf von 9,4 Millionen Euro. »Das ist Wahnsinn im Quadrat«, kommentierte sichtlich verärgert Reinhard Hemkemeyer (SPD). Seit Jahren verbessere sich die Gewässergüte des Abrooksbaches, weitere Maßnahmen mit einem solchen finanziellen Volumen seien nicht tragbar, zumal die tatsächlichen Anforderungen rechtlich nicht klar geregelt seien.
Vertreter der Bezirksregierung relativierten indes die Anforderungen. Man müsse sich nicht sklavisch an die Anforderungen halten und auch nicht auf einen Schlag sämtliche Maßnahmen durchführen, die den Zustand des Gewässers verbessern könnten. Es genüge zunächst, einzelne Maßnahmen auszuführen, um dann zu sehen, wie sie sich auswirken. Allerdings machten sie klar, dass der Gewässerzustand derzeit nicht den Anforderungen entspreche. Für den Abrooksbach könne das bedeuten, zunächst die Wehre zu entfernen, um die Fließgeschwindigkeit zu erhöhen. Maßnahmen wären auch ein Bodenfilterbecken an der Kläranlage Harsewinkel und ein Regenrückhaltebecken am Moddenbachtal. Die Ausschüsse haben das Thema vertagt.

Artikel vom 06.04.2005