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»Das ist nicht länger hinnehmbar«

Landwirte protestieren vor dem »real«-Markt gegen Milch-Dumpingpreis

Kreis Gütersloh (ei). Der landwirtschaftliche Kreisverband mit ihrem Vorsitzenden Arnold Weßling demonstrierte am Samstag vor dem »real«-Markt gegen den Verkauf von einem Liter Vollmilch für 33 Cent.

Die Supermarktkette, die ebenso wie »Media-Markt«, »Saturn« und »Praktiker« zum Metro-Konzern gehört, propagiert unter »Tagen des Wahnsinns« täglich neue Angebote. Ziemlich wahnsinnig finden auch die heimischen Landwirte die Milchpreisentwicklung, wie sie die inzwischen neunjährige »Esche« vom Hof Baumeister an der Niehorster Straße miterlebt hat. Als »Esche« 1998 im Alter von zwei Jahren zum ersten Mal gekalbt hatte, brachte ihrem Bauer Dirk Baumeister der Liter Milch noch 35 Cent. Inzwischen ist der Literpreis bei 27 Cent angelangt, obwohl die Grundfuttermittel ebenso teuerer geworden sind wie die Energiepreise. Immerhin verbraucht ein durchschnittlicher Hof mit etwa 60 Hektar Land rund 10 000 Liter Diesel pro Jahr, erläutern die Landwirte.
Angesichts dieser Situation fragt sich Janine Neuhaus, ob es sich überhaupt noch lohnt, ein so süßes Kalb wie »Bella« groß zu ziehen. Das etwa ein Monat alte Jungtier zieht ihr Vater auf dem Hof an der Buschstraße groß, während sie sich ihr Geld als Außendienstmitarbeiterin verdient und nach Feierabend auf dem elterlichen Hof hilft.
Weßling, selbst Vorsitzender des Milchausschusses des »Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes« betont, dass auch der jüngste Agrarbericht der Bundesregierung die Milchbauern mit 1400 bis 1600 Euro brutto ganz unten im Vergleich der Monatseinkommen der Landwirte sieht. Bei einem solchen Dumpingpreis bezeichnen es die heimischen Landwirte als »unfassbar«, dass die Milchbauern momentan lediglich durchschnittlich 27 Cent erhalten und nach eigenen Angaben damit »rote Zahlen« schreiben.
Bei der Diskussion mit den Kunden der Supermarktkette machten die Landwirte aber noch auf eine weitere Folge aufmerksam: Sollten die immer niedrigeren Preise zum Prinzip im Lebensmitteleinzelhandel werden, bedeute dies das »Aus« der heimischen Milcherzeugung und damit auch das Ende der gepflegten Wiesen, die die Städter beim Spaziergang als »Augenweide« genießen.
Im Kreis Gütersloh leben rund 18000 Milchkühe bei etwa 550 Haltern. Auf ihrer Seite sehen die Milchbauern auch den Bundesverband der Verbraucherzentralen, die sich gegen das »Verscherbeln« von hochwertigen Nahrungsmitteln aussprechen. Die Landwirte prüfen jetzt, ob der verbotswidrige Verkauf unter dem Einstandspreis auch rechtliche Folgen für die Supermarktkette haben kann. »Es ist einfach nicht hinnehmbar, dass die Milch günstiger als Wasser verkauft wird«, so Weßling. Er sah rund 100 Teilnehmer bei der Demo, die beiden Polizeibeamten vor Ort lediglich 40 bis 50.

Artikel vom 05.04.2005