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Gemeinde sagt »Nein« zum Wettbüro

Pläne für Laden am Kirchplatz beunruhigen Bürger - Schließung und Strafantrag angekündigt

Von Annemarie Bluhm-Weinhold
Steinhagen (anb) Ein privates Wettbüro mitten im Dorf? Steinhagener Bürger reagieren mit Unmut, Besorgnis oder Empörung auf die entsprechende Werbung im Schaufenster des Ladenlokals am Kirchplatz/Fivizzanoplatz: Das darf es nicht geben an diesem herausragenden Standort, so die einhellige Meinung, die in den vergangenen Tagen häufig zu hören war. Das WESTFALEN-BLATT hakte im Rathaus nach - und erfuhr: Auch mit der Gemeinde wird es Sportwetten im Ort nicht geben.

Die Verwaltung wird das Vorhaben Sportwetten in jedem Fall verhindern. Eine Genehmigung wird nicht erteilt. Mehr noch: »Wir würden sofort per Ordnungsverfügung die Schließung anordnen«, sagte Bürgermeister Klaus Besser im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT. Derzeit aber liegt dem Ordnungsamt noch nicht einmal ein Antrag auf Gewerbeanmeldung vor - weder für ein Internetcafé noch für ein privates Büro für Sportwetten.
Beides will, wie exklusiv am 11. März berichtet, Özgür Özcelik, der seit fünf Jahren »Alis Market« am Laukshof führt, gemeinsam mit seiner Ehefrau Emine in den ehemaligen, 160 Quadratmeter großen Räumlichkeiten von »Betten Freitag« betreiben. Das bestätigte Emine Özcelik jetzt auch noch einmal auf erneute Anfrage des WESTFALEN-BLATTes: »Wir werden nicht nur das Internetcafé, sondern auch Sportwetten anbieten.« Das Genehmigungsverfahren habe man einem Rechtsanwalt in die Hand gegeben, der es derzeit vorbereitet. Momentan liefen die Renovierungsarbeiten in dem Ladenlokal, doch so schnell wie möglich wolle man eröffnen. Vielleicht innerhalb der nächsten drei Wochen, so Emine Özcelik.
Auf die Gewerbeanmeldung würde die Gemeinde - wie erwähnt - mit der Schließungsverfügung reagieren. »Dagegen kann Widerspruch eingelegt werden, über den dann der Kreis entscheiden müsste«, sagte der Bürgermeister weiter. Und kündigte an: »Die Gemeinde würde zudem auf jeden Fall Strafantrag stellen.« Denn private Wettbüros seien in Nordrhein-Westfalen verboten. Derzeit werde im Rathaus sogar geprüft, so Besser weiter, ob nicht auch gegen den Vermieter Strafantrag gestellt werden könne: »Wegen Beihilfe zur Straftat.«
Damit spricht der Bürgermeister eine nach wie vor ungeklärte rechtliche Situation an, zu der es bereits Gerichtsverfahren gegeben hat und die inzwischen sogar das Bundesverfassungsgesetz beschäftigt. Denn private Wettbüros werden als illegal eingestuft, bewegen sich bis zum endgültigen Spruch der obersten Bundesrichter aber in einer rechtlichen Grauzone. »Das Problem ist das Spannungsfeld zwischen der Berufsfreiheit des Einzelnen einerseits, die in Artikel 12 des Grundgesetzes geregelt ist und auch das Recht am eigenen Gewerbebetrieb beinhaltet, und andererseits dem Schutz der Bürger durch den Staat vor unlauteren Machenschaften«, erklärt Besser. Dazu gehören nicht nur Wettbüros, sondern auch etwa Beschränkungen im Maklerrecht oder in der Steuerberatertätigkeit, nennt der Bürgermeister Beispiele.
Die in Nordrhein-Westfalen geltende Illegalität der Wettbüros kann übrigens auch Auswirkungen auf diejenigen haben, die dort wetten. So wies das Landgericht Dortmund jüngst die Klage eines Bielefelder ab, der seinen Gewinn nicht ausbezahlt bekommen hatte. Lediglich die Rückerstattung des Wetteinsatzes wurde ihm zugesprochen. Da das Wettbüro illegal sei, sei auch die Wette illegal und damit bestehe kein Anspruch auf den Gewinn, hieß es. Nur Oddset hat die Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten.

Artikel vom 05.04.2005