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Kommentar

Schwierige
Verständigung
Das ist schon bemerkenswert: Noch während aus dem Detmolder Regierungspräsidium verlautet, dass der Denkmalschutz für eine Veränderung des Obelisken keinen Spielraum zulässt, werden im NRW-Städtebauministerium die Fäden gezogen und mit den Beteiligten - russische Regierung und orthodoxe Kirche - Kontakte geknüpft. Die Aufgabenteilung ist möglicherweise verständlich: Man will nicht durch zu frühe Veröffentlichung diesen »sensiblen Vorgang« (O-Ton Minister Kuschke) gefährden. Bereits am Freitag Nachmittag muss Regierungspräsident Andreas Wiebe aber Bescheid gewusst haben, das geht aus Andeutungen hervor, die er an diesem Tag auf Nachfrage des WESTFALEN-BLATTes machte.
Es ist eigentlich eine Ohrfeige: Nicht während der von der Dokumentationsstätte Stalag 326 organisierten Gedenkfeier (mit Bürgermeister, Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge und den geistlichen Vertretern aller Konfessionen) am 1. April (also dem Vorabend der Befreiung) durch den RP, sondern während der Gedenkfeier, zu der der Arbeitskreis »Blumen für Stukenbrock« am 2. April eingeladen hat, wird durch den Minister Wolfram Kuschke die Rückkehr der roten Fahne bekannt gegeben. Auch wenn dies der wahre Jahrestag der Befreiung des Stalag ist, der auch von den Botschaftsvertretern aus Russland und den USA und vor allen von den Überlebenden so wahrgenommen wird, so stellt sich doch die Frage: Wer will hier wem eins auswischen?
Außenstehenden bleibt dabei völlig unverständlich, warum es überhaupt zwei Gedenkfeiern geben musste. Das ist schon bemerkenswert: Versöhnung und Verständigung mit weit entfernten und ehemals verfeindeten Menschen funktioniert offenbar besser als mit den eigenen Landsleuten. Vielleicht schaffen wir das ja zum 65. oder 70. Jahrestag. Nur schade, dass die letzten Überlebenden das dann wohl nicht mehr erleben werden.

Matthias Kleemann

Artikel vom 04.04.2005