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Starke Gefechte
in Scherfede

1945: Viele Bewohner flüchteten

Von Marius Thöne
Scherfede (WB). Der Scherfeder Bahnhof war als Knotenpunkt schon am Nachmittag des 22. Februar 1945 Ziel alliierter Luftangriffe. 78 Bomben trafen die Gleisanlagen, das Stellwerk, umliegende Höfe und Wohnhäuser. Drei Menschen fanden den Tod.

Bereits eine Woche zuvor hatte Scherfede den ersten Kriegstoten auf Heimatboden zu beklagen. Ein Lokführer war auf einer Dienstfahrt nahe Marsberg von Tieffliegern erschossen worden, sein Heizer wurde schwer verletzt.
Mit einem zweiten Luftangriff am 21. März gelang es, den Nachschub für deutsche Truppen in Ost-West-Richtung gänzlich zu unterbrechen. Scherfede war Drehkreuz auf den Strecken Hagen-Warburg und Scherfede-Holzminden.
Nur fünf Tage nach dem letzten Luftangriff erreichten die ersten amerikanischen Landstreitkräfte Wrexen. Zuvor hatte man noch eilig SS-Truppen aus Paderborn zur Verteidigung gerufen. Kurz vor Wrexen gelang es den 120 Mann, die Amerikaner aufzuhalten. Am Karsamstagmorgen erreichten amerikanische Panzer über Wethen Rimbeck, das kampflos übergeben wurde.
Scherfede wurde wegen des SS-Widerstandes weiter beschossen. Auch das auf einer Anhöhe stehende katholische Gotteshaus wurde nicht verschont, ein Treffer durchschlug das Gewölbe, eines der Ecktürmchen wurde vernichtet, ebenso sämtliche Kirchenfenster.
Am Ostersonntag, dem 1. April, gaben die Amerikaner bekannt, Scherfede dem Erdboden gleichzumachen, wenn es nicht innerhalb von zwei Stunden geräumt und zur Übergabe bereit sei.
Da mit einem Einlenken der SS nicht zu rechnen war, packten die meisten Bewohner ihre Habe und flohen aus dem umkämpften Dorf nach Wrexen, Bonenburg, Rimbeck und in umliegende Feldscheunen. Fünf Scherfeder versuchten, mit einer weißen Fahne den Amerikanern entgegenzugehen, wurden von der SS mittels Karabinerschüssen aber daran gehindert. Scherfede schien verloren.
Erst als am Kirchturm die weiße Flagge gehisst wurde und die SS vor der Übermacht langsam das Feld Richtung Paderborn geräumt hatte, ließ auch das Feuer der Amerikaner nach.
Nach Einstellung der Kampfhandlungen suchte man die Gemarkung Scherfede Hardehausen nach gefallenen Soldaten ab, die dann in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Scherfeder Friedhof beigesetzt wurden.
Noch im September 1944 wurde die Nationalpolitische Erziehungsanstalt »Napola« von Bensberg in der Nähe von Köln nach Hardehausen verlegt. Die letzten Zisterziensermönche hatten schon 1938 das Kloster verlassen, anschließend richtete der Verein für katholischer Arbeiterkolonien dort eine Trinkerheilanstalt ein.
Das Klostergelände wurde mit Kriegsbeginn enteignet und vor Einzug der »Napola« dort ein Erholungsheim für Luftwaffenangehörige eingerichtet.
Noch bevor die »Napola« in Hardehausen ihre Arbeit richtig aufnehmen konnte, mussten die Verantwortlichen vor den anrückenden Amerikanern fliehen, so dass das Gebäude leer stand.
Um Plünderungen zu verhindern, schickte Erzbischof Lorenz Jäger Diözesanjugendseelsorger Augustinus Reineke mit einigen Ordensschwestern nach Hardehausen - die Geburtsstunde des Jugendhauses.
Im Hardehausener Forst lagerte stapelweise Munition. Der größte Teil fiel unversehrt in die Hände der einmarschierenden Truppen und wurde durch ein Sprengkommando in die Luft gejagt. Diesen Sprengungen fiel wertvoller Waldbestand zum Opfer, auch Forstbeamte und Waldarbeiter kamen dabei zu Schaden. Ihnen wurde am Weg nach Blankenrode ein Gedenkkreuz errichtet.
Quellen: Berthold Zünkler: »Warburg in jenen Tagen«; Michael Robrecht, Ulrich Schlottmann: »Augenzeugen berichten vom Kriegsende im Warburger Land«.

Artikel vom 02.04.2005