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»Herbie« bleibt der Star

Steffen Flormann sammelt Oldtimer

Von Wolfgang Braun und
Harald Iding (Fotos)
Höxter (WB). Der wohl älteste »Käfer« im Kreis steht in der kleinen Oldtimersammlung des Autohauses Güse an der Albaxer Straße in Höxter. Er wurde 1948 zugelassen. Wie kaum ein anderes Fahrzeug dieser Zeit ist »Herbie« Symbol des deutschen Wirtschaftswunders, auf dessen Spuren sich das WESTFALEN-BLATT in dieser Serie begibt.

Das Autohaus, damals noch unter der Regie des Firmengründers Fritz Güse, kam im 1966 in einer pfiffigen Aktion in Besitz dieses VW-Standard: Die Firma hatte im Kreis nach dem dienstältesten noch betriebsbereiten Volkswagen gesucht. Wer ihn besaß, der konnte ihn gegen einen nagelneuen VW 1500 mit Stufenheck eintauschen.
Als ältesten noch im öffentlichen Straßenverkehr fahrenden VW stellte sich der mit dem Kennzeichen HX E 444 heraus. Er wurde am 30. Juli 1948 als Firmenfahrzeug der Kohlensäurewerke Rommenhöller in Herste zugelassen. Nach 12 Jahren im Dienst dieser Firma ging der 27-PS-»Käfer« in Besitz von Diplom-Ingenieur Bernet über, der ihn zur Jagd und als Geländewagen nutzte. Als ältester Wagen aus den Werken in Wolfsburg entpuppte sich ein Kübelwagen von 1943, den Freiherr von Wolff-Metternich in der Forstwirtschaft einsetzte. Er war für den Straßenverkehr nicht mehr zugelassen, erfüllt also die Wettbewerbsbedingungen nicht.
Gerne präsentiert der Kfz-Betriebswirt Steffen Flormann (49), der seit 1997 in dritter Generation die Firma Auto-Güse führt, seine kleine Oldtimer-Parade in der Verkaufshalle mit fünf Fahrzeugen. Das Schmuckstück ist dort ein grau lackierte Käfer mit der kleinen geteilten Heckscheibe, der »Brezel«, und den schmalen 16-Zoll-Reifen. »Der Wagen ist noch voll fahrtüchtig«, bezeugt Flormann die schier unverwüstliche Qualität. Nur: »Mit seinen Seilzugbremsen hat er einen zu lange Bremswege«, so Flormann.
Der 12-Kubik-Motor schafft 95 Stundenkilometer als Spitzengeschwindigkeit. Das Drei-Gang-Getriebe ist noch unsychronisiert: Wer schalten will, muss Zwischengas geben.
Heute kommt man aus dem Staunen nicht heraus, wenn man den kleinen Hebel sieht, mit dem auf Reservetank umgeschaltet wird. Eine Tankuhr gab es nicht, dafür wurde ein Holzstab mitgeliefert, den man in die große Öffnung des Tanks unter der Haube des Kofferraums vorne steckte, um den Benzinstand abzulesen.
Die Ausstattung war spartanisch, denn der Volkswagen wurde als »Kraft-durch-Freude-Auto« von Ferdinand Porsche im Auftrag des Führers als »PKW des kleinen Mannes« entwickelt, aber erst nach dem Krieg in größerer Stückzahl gebaut worden.
Der Erfolg des Autohauses Güse war in Zeiten des Wirtschaftswunders auch an Autos aus Wolfsburg geknüpft. 1948 wurde Güse - damals noch an der Brenkhäuser Straße beheimatet - VW-Vertragspartner. 1959 verkauft die Firma den 1000. Neuwagen an das Modehaus Klingemann, 1960 schon den 2000. an die Textilreinigung Bergen-Ahaus, 1965 den 4500. an die Stadtverwaltung Höxter. Die Neuwagen wurden per Zug am Bahnhof Corvey angeliefert. Betriebserweiterungen machten es erforderlich, dass Güse 1962 an der Stadtgrenze, an der Albaxer Straße - dem jetzigen Standort - baute.
»Die Beliebtheit des Käfers ist ungebrochen. Liebhaber fahren gut erhaltene Exemplare als Zweitwagen«, weiß Flormann. »Herbie«-Filme mit dem Rallye-Wagen mit der Nummer 53 machten den »Käfer« gar zum Filmstar. Der Mythos lebt weiter: »Herbie« soll im Herbst in den Kinos Wiederauferstehung feiern und eine Affäre mit einem »Beetle« haben.

Artikel vom 02.04.2005