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Mit Hightech in die
Geschichte abtauchen

Stadtarchivar Christoph Laue zieht Bilanz für 2004

Von Ruth Matthes (Text und Foto)
Herford (HK). Wer sich unter dem Stadtarchiv ein dunkles Gemäuer vorstellt, in dem die Technik so alt ist wie die meisten Akten, den belehrt ein Besuch im Alten Kreishaus eines Besseren. Wie überall läuft auch hier vieles über den PC. Neuste Errungenschaft des Stadtarchivars Christoph Laue ist der Mikrofilmscanner.

»Damit sind wir absolut auf dem Stand der Technik«, erklärt Laue nicht ohne Stolz. So sind zum Beispiel sämtliche Zeitungen auf Mikrofilm gespeichert. Wünscht jemand eine Kopie, kann der Archivar mit Hilfe des Neuen Gerätes von dem Film Scans machen und die gefragte Seite als pdf-Datei per E-Mail verschicken.
Im vergangenen Jahr zählte Laue, wie in den Vorjahren, rund 2000 Benutzungen des Archivs. »Die Bandbreite reicht von kurzen Anfragen per E-Mail, die ich in fünf Minuten beantworten kann, bis zu mehrtägigen Forschungsaufträgen«. Die Tendenz gehe wie in anderen Archiven aber hin zu dienstleistungsorientierten Anfragen. Hierzu gehören zum Beispiel die beliebten Zeitungskopien aus dem Geburtsjahr eines Jubilars.
Die meisten der Anfragen, die auf Laues Schreibtisch landen, sind familienkundlicher Art. »Dabei geht es um das Schicksal bestimmter Personen, aber auch um Rentenklärung oder Adoption«, erklärt er. »Wenn zum Beispiel jemand adoptiert worden ist, und nun den Namen seines leiblichen Vaters wissen möchte, kann er sich an uns wenden.«
Nur 200 Benutzer kommen persönlich. »An den 650 Nutzertagen sind meist zwei bis drei Personen für die Recherche vor Ort.« Derzeit hat Laue einen Dauergast, der seine Dissertation über das Musikleben Herfords vorbereitet. Ein anderer regelmäßiger Besucher sammelt Material für die Chronik der Jakobikirche.
Ein Bestandteil seiner Arbeit als Archivar ist auch die Unterstützung von Gymnasiasten beim Erstellen von kleinen wissenschaftlichen Arbeiten in der Stufe 12. Dafür werden sie in die Archivnutzung eingeführt. Die Novemberrevolution, Otto Weddigen, NS-Zeit und Hexenverfolgung seien die beliebtesten Themen. Auch andere Schulklassen besuchen die Räume. »Leider gibt es keinen Archivpädagogen mehr, der sich intensiv mit den Schülern beschäftigen kann«, bedauert Laue, der in seiner Funktion als Geschäftsführer des Vereins für Herforder Geschichte auch Kontakte zu Universitäten pflegt. Der Verein vergibt Werkaufträge an Geschichtsstudenten, die dann im Stadtarchiv forschen.
Sie haben eine reiche Auswahl. »Der Gesamtbestand von Stadt- und Kreisarchiv umfasst 1200 laufende Regalmeter«, berichtet Laue. Jedes Jahr kämen 30 bis 40 Meter hinzu. Die Digitalisierung sei noch nicht so weit fortgeschritten, dass die Verwaltungen ganz ohne Papier auskämen. Vom Gesamtbestand ist der Großteil archivmäßig erfasst. Vergleichsweise sehr gut bestückt sei es im 18. und 19. Jahrhundert, wenn auch drei Viertel des Bestandes aus der Zeit nach 1945 stamme. Ungefähr 2000 Urkunden sind aus der Zeit vom 13. bis 18. Jahrhundert erhalten. Die älteste Akte, »ein zusammengefasstes Schriftstück zu einem Thema«, stammt aus dem 15. Jahrhundert. Das wertvollste Stück ist das Herforder Rechtsbuch aus dem Jahre um 1375, das jedoch sicher im Safe verschlossen ist.
Das Kommunalarchiv ist auch Mitherausgeber des historischen Jahrbuchs und der Reihe Herforder Forschungen. Im Herbst veröffentlicht Norbert Sarhage hier einen Band über die Geschichte des Königin-Mathilde-Gymnasiums in der Zeit der Nationalsozialisten.

Artikel vom 01.04.2005