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»Sozialplan kein Thema«

Kaum Hoffnung für ehemalige Westerloh-Mitarbeiter

Von Hubertus Hartmann
Paderborn/Schöning (WV). Während die Schieder-Gruppe weltweit expandiert und ihren Umsatz weiter steigert, schauen die ehemaligen Mitarbeiter des Schöninger Möbelwerks Westerloh GmbH in die Röhre. Geld für einen Sozialplan gibt es nicht.

Die angespannte wirtschaftliche Situation des Unternehmens lasse keinen Sozialplan auf freiwilliger Basis zu, machte Schieder-Anwalt Ulrich Thomas im Prozess vor dem Paderborner Arbeitsgericht am Freitag unmissverständlich klar. Die 78 entlassenen Mitarbeiter haben damit kaum noch Chancen auf eine finanzielle Abfindung. Gut 50 erhoben Kündigungsschutzklage. Ihre Aussichten auf einen anderen Arbeitsplatz im Konzern tendieren gleichfalls gegen Null. »In Deutschland darf ein Unternehmer selbst Firmen schließen, die prächtige Gewinne einfahren, ohne dass Arbeitsgerichte die unternehmerische Entscheidung überprüfen können«, so Richter Dr. Christian Vierrath.
Die Weichen hatte das Unternehmen schon vor zwei Jahren gestellt. Im Rahmen eines Betriebsübergangs wurde das Delbrücker Werk verselbständigt. Westerloh-Beschäftigte, die sich damals bei Schieder einklagen wollten, seien mit Kündigungsdrohungen unter Druck gesetzt worden, berichtet Kläger-Anwalt Dr. Andreas Jolmes. Ein anderer Anwalt sprach von »Winkelzügen«. Auch die Wahl eines Betriebsrates sei von der Geschäftsleitung verhindert worden. »Die haben den Laden ganz gezielt platt gemacht«, argwöhnt einer der Betroffenen. Lediglich der Geschäftsführer, zwei Betriebsleiter und vier Facharbeiter seien in Schieder-Schwalenberg weiterbeschäftigt worden. »Von der übrigen Belegschaft hat kaum einer einen Job gefunden.«
Viele hat die Arbeitslosigkeit hart getroffen. »Ich war 29 Jahre bei Westerloh«, erzählt einer, »am 31. Mai läuft mein Vertrag aus, und mit 58 stellt mich ganz bestimmt niemand mehr ein«.
Ein anderer, der seit 1995 beschäftigt war, hat drei Kinder und eine krebskranke Frau. »Da geht es um die nackte Existenz«, erklärt Anwalt Jolmes. Die sozialethische Verpflichtung, die ein Unternehmer auch heute noch habe, werde hier mit Füßen getreten.
Die Verbitterung der Ex-Mitarbeiter wird noch größer, wenn sie von neuen Werksgründungen der Schieder-Gruppe in China und Russland oder avisierten Umsatzsteigerungen auf 1,2 Milliarden Euro lesen.
Das Möbelwerk Westerloh war zum 31. Dezember 2004 geschlossen worden. Allein der Konkurrenzdruck durch Billigmöbel aus dem Ausland habe diesen Schritt erforderlich gemacht, versichert Rechtsanwalt Thomas.

Artikel vom 02.04.2005