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»Rennpiste für junge Raser«

Anwohner der Brandhorststraße fürchten um ihre Sicherheit

Von Hilko Raske
Kirchlengern (BZ). Ein lauter Knall weckte die Anwohner im unteren Teil der Brandhorststraße in der Nacht zu Ostersamstag. Was war geschehen? Ein jugendlicher Fahranfänger, der den Führerschein erst seit einigen Tage in der Tasche hatte, war mit dem PS-starken Wagen des Vaters auf Spritztour gewesen. In Höhe des Hauses Brandhorststraße 20 hatte der junge Mann wahrscheinlich aufgrund überhöhter Geschwindigkeit die Kontrolle über das Auto verloren.

Eine Aufpflasterung in der Straßenmitte, die normalerweise zur Geschwindigkeitssenkung animieren soll, verwandelte sich für den jungen Mann in eine Sprungschanze. Der Nissan 200 SX streifte die Ecke einer Mauer und zertrümmerte sie. Doch damit nicht genug. Statt gestoppt zu werden, rollte das Fahrzeug weiter und prallte auf einen Treppenaufgang. Das Bauwerk wurde stark in Mitleidenschaft gezogen. Das Auto war anschließend nicht mehr fahrtüchtig, musste abgeschleppt werden. »Die Motorhaube sah aus wie eine Ziehharmonika«, erinnerte sich eine Augenzeugin. Der Führerscheinanfänger muss aber einen Schutzengel gehabt haben - er erlitt nach Auskunft der Polizei keine Verletzungen. Den Gesamtschaden beziffern die Ordnungshüter auf rund 10 000 Euro, der Nissan hat nur noch Schrottwert.
Bei diesem Unfall in der Brandhorststraße handelt es sich nicht um einen Einzelfall. Wenige Tage später, am Ostersonntag, verlor ein 18-jähriger Renaultfahrer ebenfalls aufgrund überhöhter Geschwindigkeit die Kontrolle über seinen Wagen. Das Fahrzeug überschlug sich in Höhe des Hauses Nr. 97. Der junge Mann und weitere vier Insassen erlitten mehr oder weniger schwere Verletzungen.
Auf die kritische Verkehrssituation in der Brandhorststraße hingewiesen hat die dort wohnende Familie Chall. »Uns erklärte man aber, dass laut Statistik diese Straße nicht als Unfallschwerpunkt eingestuft wird«, berichtete Stefanie Chall. Das sei allerdings vor den beiden Unfällen während der Osterfeiertage gewesen. Sie persönlich erlebe aber täglich, dass die Brandhorststraße durchaus gefährlich sei. »Um zu verhindern, dass Autofahrer zu schnell fahren, sind Aufpflasterungen vorgenommen worden. Motorradfahrer umgehen diese Hindernisse aber einfach, in dem sie auf den Bürgersteig ausweichen«, so die Anwohnerin. »Wenn unsere fünfjährige Tochter mit Kreide auf dem Bürgersteig malt, müssen wir aufpassen, dass nicht wieder ein Motorrad diese Abkürzung nutzt.«
Auch für Autos selber seien die Aufpflasterungen anscheinend nur eine Herausforderung. »Vor allem jugendliche Fahrer nehmen die Buckel viel zu schnell, geben anschließend richtig Gas und jagen die Brandhorststraße dann wie verrückt hoch.« Dabei hätte sich ihre Familie bewusst für diese Wohngegend entschieden. »Wir wollten in einer verkehrsberuhigten Straße leben. Aber teilweise ist es hier schlimmer als in der Elsestraße.«
So dramatisch stuft die Polizei die Situation nicht ein, obwohl sie natürlich Verständnis für das Sicherheitsbedürfnis der Anwohner hat. »Bevor die Aufpflasterungen in der Straße vorgenommen wurden, haben Anwohner darüber geklagt, dass zu schnell gefahren wird«, informierte Detlef Albers, Pressesprecher der Kreispolizeibehörde Herford. Die Polizei habe deshalb Geschwindigkeitsmessungen vorgenommen - allerdings ohne gravierende Ergebnisse. Dass es in der vergangenen Woche gleich zu zwei Unfällen gekommen sei, stuft er als ungewöhnlich ein. Diese Unfälle seien aber auf das Fehlverhalten von Fahranfängern zurückzuführen, betonte Albers.

Artikel vom 01.04.2005