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»Wir sind eine Familie -
und Doug ist unser Vater«

Die Schröno Baskets Tim Black und Steve Esterkamp im Interview

Von Peter Klute
Paderborn (WV). Sie sind der Inbegriff für den Erfolg der Schröno Paderborn Baskets. Auch wenn Coach Doug Spradley nicht müde wird zu betonen »Wir sind ein Team«, spielen Tim Black (23) und Steve Esterkamp (24) beim Tabellenzweiten der 2. Bundesliga eine herausragende Rolle. Vor der Woche der Wahrheit mit dem morgigen Pokal-Viertelfinale gegen den Deutschen Meister Frankfurt und dem »Endspiel« in der Meisterschaft gegen Spitzenreiter Bremerhaven sieben Tage später sprach das WESTFÄLISCHE VOLKSBLATT mit den beiden Amerikanern.

Herr Black, Herr Esterkamp. Am Mittwoch kommt Frankfurt, eine Woche später Bremerhaven. Was ist vor diesen beiden Spielen anders als sonst? Esterkamp: Der einzige Unterschied zwischen Bremerhaven und den anderen Gegnern ist, dass wir mit einem Sieg einen großen Schritt in Richtung Meisterschaft machen können. Ansonsten ist es so wie immer: Wir gehen aufs Feld, um zu gewinnen. Das Spiel gegen Frankfurt ist gerade für Tim und mich die Gelegenheit zu zeigen, dass es nicht nur in der ersten Liga gute Amerikaner gibt. Die Priorität liegt aber eindeutig beim Duell mit Bremerhaven, Frankfurt ist eine Zugabe.
Black: Alle fünf noch ausstehenden Meisterschaftsspiele sind wichtig und der Pokal natürlich auch. Für mich sind die kommenden Wochen eine Rückkehr zu den Wurzeln, denn auf dem College haben wir ständig zwei Spiele in einer Woche absolviert. Für die Öffentlichkeit sind Bremerhaven und Frankfurt besondere Spiele, aber für uns als Team ist es wichtig, uns von Spiel zu Spiel zu konzentrieren. Wenn wir am Sonntag in Bremen verlieren, brauchen wir uns nicht mehr über Bremerhaven zu unterhalten.

Bleibt die Konstellation so, reicht gegen Bremerhaven ein Sieg allein nicht, es muss nach der 78:90-Niederlage im Hinspiel einer mit 13 Punkten Unterschied sein. Ist das machbar? Black: In Bremerhaven sind wir nach einem guten ersten Viertel in ein Loch gefallen, aus dem wir nicht mehr herausgekommen sind. Wir haben viele Fehler gemacht und schlecht getroffen. Wenn sie zu uns kommen, ist das eine andere Geschichte. Ich bin sicher: Mit unseren Fans im Rücken können wir sie besiegen, auch mit mehr als zwölf Punkten Differenz. Auch gegen Frankfurt haben wir eine Chance. Die verdienen zwar mehr Geld als wir, aber wir sind alle Menschen.
Esterkamp: Natürlich glaube ich daran, dass wir sowohl Bremerhaven als auch Frankfurt schlagen können. Wenn du vorher daran denkst zu verlieren, gibt es keinen Grund mehr, das Spiel überhaupt zu spielen.

Seit der Niederlage in Bremerhaven am 3. Dezember sind die Schröno Baskets ungeschlagen. Wie groß wäre die Enttäuschung, doch nicht Meister zu werden?Esterkamp: Groß, weil ich denke, dass wir gut genug sind, jeden zu schlagen und Erster zu sein.

Hätten Sie vor der Saison damit gerechnet, mit dieser Mannschaft so weit oben stehen zu können?Black: Ich bin mit der Vorstellung nach Paderborn gekommen, dass wir in der oberen Hälfte der Tabelle mitspielen können. Doch ich habe schon nach den ersten Trainingstagen gesehen, dass mit dieser Mannschaft mehr möglich ist. Auch andere Teams arbeiten hart, aber ich bin der Meinung, dass wir noch härter arbeiten und daher sicher, dass wir Meister werden. Wenn nicht, wäre die Enttäuschung natürlich groß.
Esterkamp: Wenn ich in eine Saison starte, will ich nicht Vierter, Dritter oder Zweiter, sondern Erster werden. Als ich die Mannschaft gesehen habe, wusste ich, dass wir weit oben stehen können. Daher bin ich über unser Abschneiden nicht überrascht.

Wer Amerikaner nach Deutschland holt, erwartet Punkte. Wie gehen Sie mit dem Druck um?Black: Bevor ich nach Deutschland kam, habe ich Geschichten gehört, dass ein Amerikaner, der nicht den Erwartungen entsprechend spielt, gleich wieder nach Hause geschickt wird. Natürlich mache ich mir den Druck, gut zu spielen, selbst. Nach einem Spiel, in dem ich nicht so gespielt habe, wie mein Team und mein Coach es sich vorstellen, würde ich am liebsten sofort wieder in die Halle gehen und noch härter trainieren. Wenn die Leute über Tim Black sprechen, möchte ich, dass sie über Konstanz reden. Ich muss in der Lage sein, auch an einem schlechten Tag 20 Punkte zu machen, an einem guten etwas mehr. Für mich ist es normal, dass ich in ein Spiel gehe, um den entscheidenden Wurf zu treffen. Dieser Druck macht mich stark.
Esterkamp: Wenn ich den entscheidenden Wurf nehme, gibt es keinen Grund, nervös zu sein. Dafür bin ich da, deshalb habe ich auch keinen Druck. Natürlich kann es auch mal schief gehen, denn alle Menschen machen Fehler. Aber wenn es klappt, ist das Gefühl einfach überwältigend.

Was ist der Unterschied zwischen Paderborn und Ihren früheren Mannschaften und welche Rolle spielt Coach Doug Spradley?Esterkamp: Wir sind ein Team, egal was wir machen. Wir arbeiten zusammen, haben Spaß, jeder spricht mit jedem, alle sind integriert. Zu unserem Coach kann ich nur sagen: Er ist großartig.
Black: Ich habe schon in vielen Mannschaften gespielt, aber so einen Zusammenhalt wie hier habe ich noch nie erlebt. Als ich vom College zu meiner ersten Station in Mönchengladbach kam, wurde ich ins Feuer geworfen, war auf mich allein gestellt und hauptsächlich darauf bedacht, meinen Namen zu verkaufen. Hier bin ich mit offenen Armen empfangen worden. Wir sind eine große Familie und Doug ist unser Vater.

Tim, warum haben Sie Ihren Vertrag verlängert?Black: Da haben viele Gründe eine Rolle gespielt. Zum einen, weil wir Erfolg haben, aber noch wichtiger war, dass ich hier sehr glücklich bin. Management, Team und Trainer sind großartig, unterstützen mich, wo sie können. In diesem Zusammenhang gibt es noch eine lustige Geschichte. Als ich meinen Vater in Amerika angerufen und ihn um Rat gefragt habe, hat er gesagt: Tim, dein Bild ist auf dem Mannschaftsbus, du kannst da nicht weg.

Steve, Sie haben das Angebot bislang abgelehnt. Warum?Esterkamp: Dieses Thema möchte ich nicht kommentieren.

Ist die aktuelle Mannschaft der Schröno Baskets stark genug für die 1. Liga?Black: Ich bin nicht in der Position darüber zu entscheiden. Ich bin hier, um zu spielen. Aber ich denke, dass wir schon die eine oder andere Verstärkung brauchen. Was unser Herz und unseren Kampfgeist angeht, sind wir aber sicher erstliga-reif.
Esterkamp: Wenn ich sehe, wie wir arbeiten und aufgrund der Tatsache, dass wir die Erstligisten Schwelm und Braunschweig aus dem Pokal geworfen haben, denke ich schon, dass wir in der 1. Liga mithalten können.

Sie sind jetzt seit seit knapp einem Jahr hier. Was erzählen Sie Ihrer Familie und Ihren Freunden in der Heimat über Paderborn und was vermissen Sie am meisten?Black: Paderborn ist eine kleine Stadt und natürlich schöner als Mönchengladbach.
Esterkamp: Am meisten fehlen mir Familie und Freunde.

Tim, Ihre Eltern kommen nächste Woche zu Besuch und sehen Sie gegen Bremerhaven. Was bedeutet das für Sie?Black: Ich freue mich riesig, das ist ein wunderbares Gefühl. Meine Eltern sitzen bei jedem Spiel aufgeregt vorm Live Score im Internet und verfolgen, wie viele Punkte ich mache.

Letzte Frage. Nach dem Sieg in Rhöndorf haben Sie noch zehn Minuten nach dem Spiel am Rand gesessen. Worüber haben Sie gesprochen?Black: Wie schön es ist, dort gewonnen zu haben. Bis auf uns hat das kaum einer für möglich gehalten. Wenn ich auswärts spiele, gewonnen habe und in die traurigen Augen der heimischen Fans sehe, weiß ich, dass ich gute Arbeit geleistet habe.
Esterkamp: Rhöndorf war zweifellos ein besonderer Sieg. Vor den eigenen Fans zu gewinnen und mit ihnen zu feiern, ist großartig. Aber es auch ein ganz außergewöhnliches Gefühl, in einer fremden Halle vor mehr als 1000 gegnerischen Zuschauern zu siegen und dann zu sehen, wie sie ganz leise nach Hause gehen. Das sind zwei unterschiedliche Gefühle, das kann man nicht beschreiben.

Artikel vom 05.04.2005