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Post schicket ein Inspektör

Plattdeutsche Geschichten von Pastor Dullweber

Stemwede (WB). In der 345. Folge der plattdeutschen Geschichten von Pastor Wilhelm Dullweber wird über den Besuch eines Postinspektors berichtet.
Pastor Wilhelm Dullweber war jahrzehntelang Seelsorger im Pfarrbezirk Haldem-Arrenkamp-Ilwede. Der 69-Jährige ist ein Stemweder Urgestein und hält heute noch Gottesdienste ab, auch in plattdeutscher Sprache.

Jedn Friedag Morn göng ick, wenn ick Tied hörre, jüst bie Schemme rin taun Frühschoppm. Un denn kamm dei Breifdräger un makere dor siene Fraustückspause. Vön Dage makere hei ein bedräufet Gesichte. »Heinrich watt hess du denn?« »Stellt ju vö, ick bin dei Post tau langsam un nu schicket sei mie ein Inspektör, dei schall ein ganzen Dag mett mie mett föhrn un kieken, ob ick ärle Minske datt nich ieliger kann. Ick mott mie dor watt infalln lauten.» »Wann kump denn düsse Inspektör?«
»Datt weit ick nich, hei kump unanmeldt. Ick bin ess gespannt!« Ein paar Dage later, ick wass wir bie Schemme inne Wirtschaft un Heinrich kamm wir taun Fraustücken. Hei namm sien »Büstenhalter« aff, datt seh hei jümmern tau sine gräten Posttasken dei hei ümmerhangen hörre, un sett sick henn ümme sine Botter tau et'n. »Du«, segg hei, »ick weit nu, nächsten Friedag kump dei Inspektör, datt es ein ganz scharpm Hund, ower mie legg hei nich rin«. Dei Friedag kamm, nu wöhn wie vom Stammtisch olle dor un wolln doch nu mett belierbm, wie datt utgöng. Use Breifdräger kamm, un mett inn Gefolge dei Inspektör. »Nicht länger als 15 Minuten Pause«, datt hörre ick ner oss dei beid'n rinkäm. Heinrich stellde wir sien Büstenhalter upp den Zigrettenautomat un bestellde zwei gräte Biere.
»Nich während der Dienstzeit«, seh dei Inspektör. »Düsse vertel Stunne wett jä nich betahlt«, sägg Heinrich, un denn fang hei an tau frausücken. Ewald, dei Wirt, giff ein Schluck ut, un näuget denn Inspektör so lange bett hei ein mett drinket. Nu krieget dei beidn vom Stammtisch erk ner ein paar utgierm, un dei Einwände vom Inspektör wäht jümmern lieser. Otto, hörr jüst mett Heinrich kürt, ick weit nich watt un geiht ner but'n.
Ett durt ne ganze Tied, bett hei wir rinkump, denn segg Otto tau us: »Ick heffe denn Inspektör sien Fahrrad ümmedreihet un bin teihen KIlometer mett denn lüttcken Kilometerzähler föhrt. Dei Inspektör schall sick wunnern, wie lang Heinrich sine Strecke ess.«
Dreivertel Stunne heff dei Frauhstückspause durt, un use Inspektör hö richtig ein inne Fäute. Hei vetellde, datt hei morns kein richtig Fraustücke tau Hus kriegen hörre, un hei morns Schluck un Beer nich gewohnt was. Heinrich seh, nu mür wie ower wieter, süss kurm ick nich mehr rund.
Doch datt upstern föllt denn Inspektör schwor, Heinrich mekere mann nicks an, hei wass jä im Täining.
Sei göngen nu beide rut. Doch dei Inspektör sette sick butn upp dei Bank un Heinrich kamm wir rin. »Lert uss mann in Lübbcke anraupm bie dei Post, datt sei öhne affhaalt, dei kann jä nicks mehr.« Oss ick Heinrich ess wir dräup fröch ick öhne, ob dorner watt kurm wass? »Nicks«, seh Heinrich, »un nu schöll ick woll mine lesten Johre Ruhe hämm un kann mie mine Tied sümms indeihln«.
Kiek, sehr ess datt wesen, ower dütt wass oll im lesten Jahrhunnert.

Artikel vom 30.03.2005