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Amerikaner
im Anmarsch

Vierter Serienteil: Die letzten Tage

Von Dr. Richard Sautmann
Versmold (WB). Das Ende des Zweiten Weltkrieges jährt sich in Kürze zum 60. Mal. Die Geschehnisse in Versmold während des Krieges und vor allem in dessen letzten Monaten und Wochen beleuchtet Stadtarchivar Dr. Richard Sautmann exklusiv für den VERSMOLDER ANZEIGER in einer fünfteiligen Serie. In Teil vier widmet sich Sautmann mit den letzten Tagen vor dem Einmarsch der Amerikaner in Versmold.

Mit unerbittlicher Gewalt rücken die Fronten näher. Seit Anfang März stehen die Alliierten auf breiter Front am Westufer des Rheins; am 7. März überschreiten sie ihn bei Remagen. Am 22. und 23. März erfolgt dann der Übergang der Heeresgruppe Montgomery bei Wesel. Die 9. US-Armee, die später das Gebiet des heutigen Kreises Gütersloh besetzen wird, macht den Übergang mit. Nur wenige Tage und Stunden lang hält die längst ausgedünnte deutsche Frontlinie einigermaßen Stand. Dann bricht die 9. US-Armee mit raumgreifenden Panzerangriffen in Richtung Osten durch.
Währenddessen bereiten sich die in und um Versmold liegenden deutschen Verbände auf die Verteidigung der alten Stadt vor. Der Trupp ist bunt gemischt: Angehörige eines Luftwaffenbaubataillons, das in Loxten-Knetterhausen eine Rollbahn errichten sollte, eine Abteilung Flak und dazu einige Dutzend Angehörige der Panzertruppe Wiking, die auf breiter Front zwischen Glandorf, Laer und Versmold Halt machen. Auch der Volkssturm ist in diesen letzen Kriegstagen in Alarmbereitschaft und hat unter Anleitung der Panzertruppen Straßensperren an die nach Westen, Nordwesten und Norden führenden Straßen errichtet. Hier soll der Angriff der heranrückenden Amerikaner gestoppt werden. Aber dafür reichen wohl weder die wenigen Angehörigen der SS-Panzertruppe Wiking aus, noch kann der mangelhaft ausgebildete und ausgerüstete Volkssturm ernsthaft zur Verteidigung aufgeboten werden. Bürgermeister Kettmann und mit ihm die Führer des Volkssturms intervenieren deshalb auch letztlich mit Erfolg, denn die Waffen-SS unter Hauptsturmführer Karl Nicolussi-Leck entschließt sich, das Zentrum der Verteidigung nach Osten in Richtung Hesselteich und Borgholzhausen zu verlagern. Noch am 31. März ziehen die meisten Soldaten ab und die Panzersperren bleiben unbesetzt, so dass Versmold gerettet scheint.
Die 9. US-Armee marschiert derweil mit mehreren Panzerkampfkommandos auf den Altkreis zu. Ostersonntag, am 1. April 1945, stehen sie vor Greffen und orientieren sich weiter Richtung Hesselteich und Berghausen, noch ohne Versmold selbst zu berühren. Am 2. April starten weitere Panzerverbände einen Vorstoß. Sie überschreiten die Kreisgrenze schließlich bei Versmold und halten geradewegs auf den Teuto zu. Ihr Ziel ist Oldendorf unmittelbar vor dem Pass von Borgholzhausen, das mittlerweile von der Panzertruppe Wiking gehalten wird. Kurzum, die Amerikaner sind kaum an einem längeren Gefecht um Versmold interessiert, aber dennoch soll der Einmarsch seine Opfer fordern.

Artikel vom 29.03.2005