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»Massaker zur
Umerziehung«

Friedrich: geplante Vernichtung

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WV). Der Historiker Jörg Friedrich (60) ist nicht unumstritten. Auch in Paderborn vertrat der Autor des Buches »Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940-1945« seine gewagte These von der »Umerziehung durch Massaker«.

Im überfüllten Auditorium Maximum der Theologischen Fakultät schilderte Friedrich die Chronik des Bombenkrieges, dessen Finale nach fünfjährigem »Training« das Flächenbombardement Deutschlands im Februar/März 1945 gewesen sei. Die zum Teil vollständige Vernichtung von 150 Städten und der Tod von 830 000 Zivilisten während der letzten Kriegswochen sei von den Alliierten systematisch geplant gewesen, behauptet Friedrich. Schon 1942 habe Churchill als Zielvorgabe die Massentötung von einer Million deutschen Zivilisten ausgegeben.
Mit dem Bombenhagel auf eine bereits geschlagene Nation und ein weitgehend zerstörtes Land sei das Ufer der militärischen Handlung bewusst überschritten worden. In dieser Situation hätten die Sowjets, Engländer und Amerikaner das deutsche Volk nicht befreien oder den schon entschiedenen Krieg schnell beenden wollen: »Sie wollten die Deutschen umerziehen«, ist Friedrich überzeugt. Die Entwicklung von chirurgischen Militärschlägen zum kriegerischen Exzess »war eine psychologische Veranstaltung, aus der der Adressat der Bomben etwas lernen und der Überlebende seine Lehren ziehen sollte«.
Die Bombe sei eine Botschaft gewesen, eine Flaschenpost an die Zukunft. Die Siegermächte hätten die Deutschen mit der hunderttausendfachen Tötung von Frauen, Kindern und Greisen auf die kommenden Jahrzehnte und Jahrhunderte konditioniert. Man habe das Grauen in den Köpfen von Generationen verankert, damit diese nie wieder einen solchen Krieg beginnen. Friedrich: »Die heutige Generation ist das Erziehungsprodukt des Bombenkrieges«.
Friedrich ließ die Frage unbeantwortet, ob die Deutschen auch ohne diesen abschreckenden Bombenterror ihre Lektion gelernt hätten. »Wäre am 13. Februar 1945 nicht Dresden untergegangen und hätten nicht dort 40 000 Menschen den Tod gefunden, sondern wäre stattdessen eine britische Stadt wie Birmingham zerstört worden - die Deutschen hätten auf der Straße getanzt«, behauptet der Publizist. Auch die deutsche Bevölkerung habe bis zuletzt noch auf Hitlers angebliche Wunderwaffe gehofft, die ganz England einäschern sollte.
Das Publikum applaudierte dem Referenten. Eine kritische Diskussion blieb leider aus.

Artikel vom 29.03.2005