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In Reelsen spinnen die Leute

Zehn Jahre Spinngruppe - Karl-Heinz Rieckmann pflegt altes Handwerk

Von Dominique Zapfe-Nolte
Bad Driburg/Reelsen (WB). Altes Handwerk zu bewahren und handwerkliches Tun an seine Mitmenschen weiterzugeben, das ist das Ziel von Karl-Heinz Rieckmann.

Auf diese Weise definiert der Volksschullehrer, der seit drei Jahren seinen Ruhestand genießt, seinen pädagogischen Auftrag noch über seine berufliche Laufbahn, während der er zuletzt 31 Jahre als Lehrer an der Grundschule in Reelsen gearbeitet hat, hinaus. Drechslerei und Spinnerei sind sein Steckenpferd.
 Mit den Heidschnucken fing alles an. Karl-Heinz Rieckmann erwarb diese genügsamen »Rasenmäher« Ende der 1980er Jahre zur Pflege seines Grundstückes in Reelsen. Einige Zeit später stellte sich ihm die Frage: wohin mit der Wolle dieser Schafe? Also kaufte er sich ein erstes Spinnrad und erlernte das Handwerk. Anfang der 90er Jahre baute er auch die Drechselbank in seiner Werkstatt auf, die er als 25-Jähriger in seiner Funktion als Berufsberater in Berlin erworben hatte. Damals hatte er einem Drechslermeister über die Schultern schauen können und seine Faszination für dieses Handwerk entdeckt. Mehr als 30 Jahre lang war die Drechselbank zerlegt und verpackt einige Male mit umgezogen und wurde nun endlich in Betrieb genommen. Zu den Drechslerarbeiten gehörte bald auch eine erste Serie von fünf Spinnrädern, die in der Reelsener Spinngruppe - 1995 von Rieckmann ins Leben gerufen - zum Einsatz kamen.
In diesem Jahr kann die Spinngruppe ihr zehnjähriges Jubiläum feiern und Karl-Heinz Rieckmann arbeitet an einer vierten Serie von fünf Spinnrädern. »Ich nutze ausschließlich heimische Hölzer« erklärt er - »eine Serie habe ich aus einer Birke aus dem eigenen Garten gefertigt.« Die aktuelle Serie besteht aus Lärchenholz. Esche, Eiche und Kirsche lagern in seinem Schuppen und warten auf die folgenden Serien. »Die Individualität jedes Werkstücks ist faszinierend. Das Holz zieht mich immer mehr in seinen Bann«, versucht Rieckmann seine Motivation zu erklären. »Farbe, Maserung, Struktur und Geruch der Hölzer variieren und jedes Stück erfordert meine ganze Aufmerksamkeit«, beschreibt er die Faszination. Aus mehr als 60 Teilen besteht ein Spinnrad, und für die Fertigstellung einer Serie nimmt sich Rieckmann einen Winter lang Zeit. Das Spinnen sei eher Mittel zum Zweck, es diene vornehmlich seinem Interesse an technischen Verbesserungen. Eine ganz besondere Serie von Spinnrädern hat er sich vorgenommen, wenn seine Enkelinnen alt genug werden das Spinnen zu erlernen. Kirsche soll dafür zum Einsatz kommen, ein Holz das er besonders liebt
Karl- Heinz Rieckmann hat sich noch viel vorgenommen, denn in einem ist er sich ganz sicher: »In unserer hoch technisierten Welt nimmt der Wunsch etwas eigenhändig zu fertigen mehr und mehr zu. Das handwerkliche Tun ist die Quelle des Selbstvertrauens. Bei der aktuellen Lage des Arbeitsmarktes darf man das Vertrauen auf sich selbst nicht verlieren.«

Artikel vom 29.03.2005