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Das Miteinander immer im Blick haben

Der Wittekindshof weiht in Rahden ein Haus für 24 Bewohner ein

Von Henrike Kopmann
(Text und Fotos)
Bad Oeynhausen/Rahden (WB). »Die Hauptsache war, dass wir dieses Projekt miteinander wollten«, betonte Pfarrer Horst Ritter. Der »lange Atem, um den Gesprächsfaden nicht zu verlieren«, habe sich ausgezahlt: Am vergangenen Sonntag haben die 24 Bewohner das Wohnhaus des Wittekindshofes eingeweiht.

Der Vorstandssprecher des Wittekindshofes, Pfarrer Horst Ritter, und Pastor Körling Lansky gestalteten den Festgottesdienst in der St.-Johannis-Kirche. Sie blickten zurück auf die Anfänge des Projekts: Die evangelische Kirchengemeinde habe das alte Pfarrhaus, welches ihr »ganz schön auf der Seele und auf der Tasche gelegen« habe, für diakonische Aufgaben bereitstellen wollen. Das Grundstück am Brullfeld habe sich jedoch als geeigneter erwiesen. Um die Finanzierung sei »im wahrsten Sinne des Wortes gerungen« worden, so Ritter.
Dass sowohl Kirchengemeinde, Kommune als auch Bürger Rahdens dem Projekt positiv gegenüber gestanden hätten, habe schließlich zum Erfolg geführt. Die Predigt verwies auf den Besuch Jesu beim Pharisäer Simon. Der strenggläubige Jude begegnete dem Gottessohn mit Skepsis: Wie konnte sich dieser nur mit »Randfiguren« der Gesellschaft abgeben wie der Sünderin? Diese aber verhält sich weitaus warmherziger als der Gastgeber Simon, welcher Jesus sogar den Begrüßungskuss verweigert. Die Frau hingegen »benetzt seine Füße mit Tränen der Dankbarkeit« und salbt diese. Eine »Gemeinschaft der Annahme, die wir alle brauchen«, das könne sich niemand selbst verdienen, betonte Ritter. Als »handfest-herzliche« Begrüßungszeremonie erfolgte dann die gegenseitige Salbung mit kleinen Cremedöschen.
Das Projekt in Rahden habe ein Zeichen gesetzt, dass die Hilfe füreinander nicht aus dem Blick gerate, so Superintendent Rolf Becker.
Uwe Thünemann, der Ressortleiter Wohnen des Wittekindshofes, verschenkte »Wassertropfen« an die 24 Männer und Frauen der Wohngruppen. Die nachgebildeten Tropfen ständen als »verbindendes Element« zwischen den unterschiedlichsten Menschen. Bürgermeister Bernd Hachmann übergab Eintrittsgutscheine zum Besuch des Museumshofes. Die Rahdener Neubürger sollten ihre Heimat erkunden und kennen lernen.
Dass sich die Wohngruppen bereits heimisch fühlen, davon konnten sich die Einweihungsgäste am Tag der offenen Tür überzeugen. Ihr freundliches, lichtdurchflutetes Domizil haben die fünf Frauen aus Bad Oeynhausen-Volmerdingsen und die 17 Männer, die zuvor auf Schloss Benkhausen lebten, bereits am siebten Februar bezogen.
Axel Kossmann war einer der ersten. Er habe »Werbung für Rahden gemacht«. Der begeisterte Fotograf lagert in der Obstschale seines Zimmers nicht etwa Essbares, sondern Dias. Mit diesen sei er nach Volmerdingsen gefahren, um seine neue Heimat vorzustellen.
Dr. Christof Windhorst, der ehemalige Superintendent des Kirchenkreises Vlotho und Vorsitzende des Stiftungsrates Wittekindshof, ließ sich von Axel Kossmann durch das Haus führen. Fotos und ein Wüstenbild mit verschleierten Nomaden zieren sein Zimmer. Jeder Raum in den insgesamt drei Wohngruppen zu je acht Personen hat seinen ganz eigenen Charakter.
Diese persönliche Eigenständigkeit sowie die aktive Mitgestaltung zeigen sich bereits an den Namensschildern vor jeder Zimmertür: Ein jedes ist mit einem Foto des jeweiligen Bewohners ausgestattet.
Der Mindener Architekt Hans-Dietmar Schöne, Leiter des Bauprojekts, schenkte den Wohngruppen ein symbolträchtiges Kunstwerk. »Die Edelstahlschwingen verkörpern Freiheit und Unabhängigkeit«, so Schöne. Das von ihm entworfene Haus solle den Bewohnern ein möglichst eigenständiges Leben ermöglichen.

Artikel vom 25.03.2005