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Eissen in Not bei Kämpfen am 1. April 1945

St. Liborius Schützenverein erinnert an die letzten Kriegshandlungen im Ort vor 60 Jahren

Eissen (WB). Der St. Liborius Schützenverein erinnert am Freitag, 1. April, mit einer Gedenkfeier an den 60. Jahrestag des Kriegsendes in Eissen. Die Veranstaltung beginnt mit einer heiligen Messe um 18.30 Uhr.

Anschließend treffen sich die Teilnehmer am Gedenkstein an der Kirche, inmitten des Dorfes. Dort wird der Schützenverein Aufstellung nehmen und Hubert Plogmeier wird in einer kurzen Rede an die letzten Kriegshandlungen in der Ortschaft erinnern. Beitragen zu dem feierlichen Gedenken wird auch der Gemischte Chor »Eintracht«.
Der Gedenkstein wurde 1970 mit der Inschrift »Unser Dorf in Not - 1. April 1945« aufgestellt und soll »somit ständig an das Ereignis des Einmarsches der amerikanischen Truppen erinnern, der für Eissen in einer Katastrophe endete, sowie auch an das Ende des Nazi-Regimes und des schrecklichen Krieges«, so der Schützenverein.
Schon Wochen zuvor, Anfang des Jahres l945, sei in der Ortschaft alles auf ein baldiges Ende des Krieges hinausgelaufen. Der St. Liborius-Schützenverein blickt auf die Ereignisse des Jahres 1945 zurück: »Die Fronten waren an allen Seiten eingebrochen. Die Alliierten hatten die totale Luftherrschaft. Bomberverbände flogen zu Tausenden nach Mitteldeutschland und zurück über unsere Gegend. Das Dröhnen jeder heranfliegenden Staffel setzte die Menschen in Angst und Schrecken. Die Bombardierung der nahegelegenen Städte wie Paderborn, Bielefeld und des Viadukts bei Altenbeken ließen auch noch bei uns die Häuser erschüttern und die Fensterscheiben klirren.
Ständig wurde von dem mobilen Sender »Prima - Donna« Tieffliegeralarm gegeben. Die Tiefflieger schossen auf alles was sich bewegte. Mehrere Lokomotiven wurden nahe des Dorfes angegriffen und zerstört. Am 22. Februar wurden vier Kesselwagen mit je 36000 Liter Erdöl auf dem Bahnhof in Brand geschossen und am 5. März fiel ein Bombenteppich von neun Bomben in die Gantenhalsgemarkung. Zu diesen Ängsten und Nöten hier in der Heimat kam noch die Sorge um die Väter und Söhne draußen an der Front in dieser letzten Phase des Kriegs.
Vor Ostern in der Karwoche war dann der Geschützdonner der herannahenden Front vom Süden her zu vernehmen. Mittlerweile war klargeworden, dass das Ruhrgebiet umgangen wurde und der Kessel bei Paderborn geschlossen werden sollte. Hieraus ergaben sich auch die Kampfhandlungen in unserer Gegend. Jetzt war die Bevölkerung bis zum äußersten verunsichert und verängstigt. Ältere Männer, welche noch zum Volkssturm rekrutiert waren, mussten eilends Schützengräben ausheben und mitten im Dorf eine Panzersperre errichten. Deutsche Soldaten fuhren hin und her. Vom Kirchturm wurde die umliegende Gegend beobachtet, im Gotteshaus wurde gebetet.
Lebensmittel und andere Wertsachen wurden vergraben, Hitlerbilder, Fahnen und Uniformen verbrannt. Die Häuser wurden so gut abgesichert wie nur möglich. Gründonnerstag waren dann Maschinengewehrsalven zu hören. Tröstlich war bei all den Hiobs-Botschaften die Nachricht, dass Warburg und einige Orte kampflos eingenommen werden konnten und dass Karsamstag die Amerikaner schon bis in Menne waren.
Doch wahnsinnige Durchhalteparolen des Dritten Reiches veranlassten eine Kompanie Wehrmachtssoldaten, sich in der Nacht zum Ostersonntag an der Südseite unseres Dorfes einzugraben, um das Dorf noch zu verteidigen. Nur wenige wussten davon, und so gingen trotz allem viele in die Auferstehungsmesse.«
Es war Ostersonntag, der 1. April 1945 - Diesen Tag gilt es zu gedenken, betont der Schützenverein, denn bei den mehrstündigen Kampfhandlungen, die in dem Buch »Eissen, Bild unserer Heimat« ausführlich beschrieben werden, sind 47 Anwesen zerstört worden. An diesem Tag könne man aber auch dem Herrgott danken, dass bei den erbitterten Kampfhandlungen wie durch ein Wunder keine Menschenleben unter der Zivilbevölkerung zu beklagen waren und die Nazi-Herrschaft nunmehr beendet war. Leider sind bei den Kämpfen 14 deutsche und drei amerikanische Soldaten gefallen. Der Schützenverein tut gut daran, wenn er am 60. Jahrestag zum Gedenken aufruft. Bleibt zu hoffen, so der Verein, dass die Dorfbevölkerung am 1. April daran teilnimmt und »damit die schrecklichen Geschehnisse auch für zukünftige Generationen lebendig hält«.

Artikel vom 24.03.2005