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Die Kolumne Stadtgespräch erscheint mittwochs in dieser Zeitung.

Stadt
Gespräch

40 Jahre am »Katzentisch« (112. Folge):Eine Stadt in Schutt und Asche


Am Ostersonntag jährt sich zum 60. Male der Jahrestag der endgültigen Zerstörung Paderborns durch einen verheerenden Fliegerangriff. Zur Stunde des Bombardements am 27. März 1945 wird Bürgermeister Heinz Paus am Mahnmal der Stadt an der Busdorf-Mauer einen Kranz niederlegen, es folgt um 17 Uhr ein Ökumenischer Gottesdienst im Hohen Dom. Ab 18.15 Uhr wird Jörg Friedrich im Auditorium Maximum, Liboristraße, aus seinem Buch »Der Brand - Deutschland im Bombenkrieg 1940 bis 1945« lesen.
Bürgermeister Heinz Paus hat in einem Vorwort zur städtischen Publikation »Erinnern und Gedenken« unterstrichen: »Wir wollen am Schicksal unserer Stadt die Brutalität und Perversität des Krieges deutlich machen, eines Krieges, der von unserem Land ausging und viele Menschen auch in unserer Stadt Leid und Tod gebracht hat.«
Das Programmangebot der Stadt zum Denken an Tod und Zerstörung ist vielfältig: Der Feierstunde zum 17. Januar 1945 am Mahnmal mit anschließendem Empfang im Rathaus, die Gedenkfeier gestern zum 22. März 1945, dem schweren Minenangriff, und die Zusammenkunft am ersten Ostertag wiederum im Rathaus setzen Maßstäbe. Hinzu kamen das Geistliche Konzert des Motettenchores am 16. Januar in der Marktkirche, Lesung und das Gespräch mit Dr. Antje Telgenbüscher »Es regnet Feuer vom Himmel« im Museum für Stadtgeschichte. Beeindruckend war das Requiem von Benjamin Britten im Hohen Dom (Konzert unter Leitung von Domkapellmeister Theodor Holthoff). 28. April in der Volkshochschule am Rathausplatz: »Paderborner Jugend im Nationalsozialismus« (Dr. Rainer Pöppinghege).
Noch einmal Bürgermeister Heinz Paus: »Die nach 60 Friedensjahren kaum noch vorstellbaren apokalyptischen Ereignisse in unserer Stadt im Jahre 1945 müssen uns dauerhafte Mahnung zum Frieden sein!«
Vor zehn Jahren wurde von der Stadt das Kriegsende 1945 mit einer hervorragenden Ausstellung der Städtischen Museen, des Stadtarchivs und der Volkshochschule in der Städtischen Galerie am Abdinghof dokumentiert. 35 000 Besucher kamen. Zuständig waren Dr. Norbert Börste, Dr. Hartmut Säuberlich, Rolf-Dietrich Müller (er ist auch jetzt wieder der Verfasser der Broschüre »Erinnern und Gedenken«) und Dr. Hilke Lenzing. Mit einmaligen Fotos, Dokumenten und präzisen Aussagen wird das »Leben im Nationalsozialismus und im Krieg« unter »Paderborn 1945« deutlich in der 1995 zur Ausstellung veröffentlichten Informationensschrift.
174 Seiten bewegte Heimatgeschichte: Alt-Paderborn, die Stadt unterm Hakenkreuz, Panzerregimenter an der Driburger Straße, der Luftpark und Fliegerhorst zwischen Querweg und Borchener Straße, Zwangswirtschaft, Luftschutz, Fliegerangriffe, Evakuierung der Bürger, Einmarsch der Amerikaner, erste Schritte in Richtung Demokratie.
Dieser Katalog zur Ausstellung vom 26. März bis 25. Juni 1995 ist so informativ, dass sich die zuständigen Stellen um eine Neuauflage mit aktueller Ergänzug bemühen sollten!
Veränderungen haben Zerstörung, Neuplanung und Wiederaufbau gebracht. Anstelle der Fachwerkhäuser vor dem Dom klotzt heute das Diözesanmuseum. Bürgerhäuser am Ikenberg machten der Kaiserpfalz Platz. Arosa wurde auf dem früheren Gefängnisgrundstück gebaut, Arbeitsamt und Finanzamt gegenüber dem Hauptbahnhof in Hessens Garten, Südring-Zentrum und Technologie-Park im früheren Bockfeld, die Universität wurde gegründet in der Kleingartenanlage »Zum Fernblick«.
Auf dem Gelände von Schwimmoper, Sporthalle und Paderkampfbahn wuchsen früher Sonnenblumen. Das heutige Heinz-Nixdorf-MuseumsForum entstand als Nixdorf-Zentrale in feuchten Paderwiesen und die Paderhalle unweit von Inselspitzen-Weg und Spitalmauer.
Georg Vockel

Artikel vom 23.03.2005