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Göttliche
Liebe thront
über Allem

Passion begeisterte

Von Dagmar Korth
Höxter (WB). Eine »Johannes-Passion« der emotionalen und stilistischen Mitte, gesegnet mit aller innewohnenden Würde, Größe und KraftÊ-Êdas war das vorösterliche Geschenk an das Publikum in der Abtei-Kirche zu Corvey. Bachs Passionen rufen zur inneren Einkehr, ermahnen zum Mitleid und stärken die Gewissheit, dass über Allem die göttliche Liebe thront.

Die Aufführung mit dem Vokalsolisten-Ensemble der Barockakademie Detmold und dem Barockorchester Concerto Hamburg unter Gerhard Weinberger mobilisierte solche Empfindungen -Êließ aber denoch genug Zeit, den technischen Aspekt zu bewundern. Die Darstellung der letzten Stunden des Herrn wurde zur Erfahrung zwischen Trost und Trauer, das konzertante Ereignis stand jedoch hinter der geistlichen Ermahnung in keinem Augenblick zurück.
Weinbergers Aufführung grub sich ins Bewusstsein ein als interlektuelles Kunstprodukt, aber ebenso als tiefempfundene Glaubensaussage. Mit dem Vokalensemble steht dem Dirigenten ein Klangkörper zur Verfügung, der mit seinen rund 20 Stimmen in sich sehr homogen ist. Der Chor, in dem Gesangsstudierende der Musikhochschule Detmold vereinigt sind, besticht durch seinen feinen kammermusikalischen Klang, reine Intonation, klare Textdeklamation und einen berückend schönen Zusammenklang.
Die Turba-Chöre hatten Durchschlagskraft, ohne dass ihre Dramatik theatralisch überzogen war. Botschaft und Imagination der Turbae entstanden aus dem gemeißelten Wort. Das Chor-Ensemble bewies Kraftfülle und Wandlungsfähigkeit, speiste seine Energien aber immer wieder aus den so schlichten wie ergreifenden Chorälen. Die Solisten sangen alle fünf stilistisch wie technisch makellos.
In der Partie des Evangelisten war Mark Adler zu hören. Er agierte als teilnehmender Berichterstatter und Mitleidender gleich intensiv und souverän. Er erzählte die Vorgänge vom Sterben Jesu mit einem klangschönen geschmeidigen Tenor. Markus Köhler (Bass) präsentierte sich in der Christus-Partie ausdrucksstark und subtil nuancierend. In den Bassarien war Andreas Wolf zu hören, der überzeugend und mit großem Volumen die Pilatusworte gestaltete.
Ebenso begeisterten der leuchtende gut geführte Sopran von Christina Schültke und der samtige Alt von Alexandra Rawohl. Partner des Chores war das Barockorchester Concerto Hamburg. Es spielte auf historischen Instrumenten und vermittelte den Glanz barocker Aufführungspraxis.

Artikel vom 23.03.2005