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Die Kirche als »Frei-Raum« erlebt

Nach der Renovierung in Kaunitz: Meditative Stunde im noch leeren Gotteshaus

Verl-Kaunitz (con). Die Renovierung des Innenraums der Pfarrkiche St. Maria Immaculata in Kaunitz geht dem Ende entgegen. Bevor die Gemeinde am Samstag wieder den Gottesdienst in der Kirche feierte, hatte Pfarrer Joachim Cruse am Freitagabend zu einer »Stunde der besonderen Raumerfahrung« eingeladen. Unter dem Motto »Frei-Raum Kirche« erlebten rund 140 Besucher den leeren Kirchenraum in seiner gewaltigen Ausdehnung.

»Das werden wir die nächsten 40 oder 50 Jahre nicht wieder erleben«, lud Cruse die Besucher ein, »die räumlichen Dimensionen der noch leeren Kirche in ihrer imposanten Größe und Tiefe« zu erfahren. Bei Textstellen aus der Heiligen Schrift und meditativen Elementen, bei Orgelmusik und Lichteffekten zeigten sich die Teilnehmer beeindruckt von der Neugestaltung des Gotteshauses und waren voll des Lobes.
Zunächst versammelten sie sich in dem (noch) abgedunkelten Raum unter der Orgelempore. Pfarrer Cruse erläuterte die »Chance, in diesem leeren Raum den Blick auf das Wesentliche« zu richten. »Ein voll gestellter Raum hingegen verstellt diesen Blick«, meinte er. Langsamen Schrittes ging es vorbei an den neuen Türen. »Türen kann man öffnen, schließen oder auch zuschlagen«, so Cruse, mit Türen könne man aber auch neue Zugänge finden, etwa zur Kirche, zum Glauben oder auch zu Gott, führte der Geistliche aus und bestärkte die Besucher: »Findet Gott einen neuen Zugang zu mir, finde ich einen neuen Zugang zu ihm.«
Nächste Stationen waren der Josefs-Altar und der Taufstein. Hier wie dort wurden Kerzen entzündet. Der Taufstein aus Sandstein, der laut Cruse aus der Entstehungszeit des mehr als 250 Jahre alten Gotteshauses stammt, ist von Bildhauer Horst-Jürgen Hoburg und seinem Sohn Florian aufgearbeitet worden. Dabei wurde der ehemalige Betonsockel durch einen Sockel aus Sandstein ersetzt. Zudem meißelten die Bildhauer die Worte »Christus + Wasser + Heiliger Geist + Neues Leben« ein.
Bei jeder Station wurde das Kircheninnere mehr und mehr erleuchtet und so mancher Besucher bemerkte erstmals die Deckenmalereien, die viele in den Jahren zuvor nie bewusst wahrgenommen hatten. Während der Kirchenraum durch Pfarrer Cruse mit Texten, Gedanken und Lichtern erschlossen wurde, setzte der Organist Hubertus Ebbesmeyer die Stimmungen und Wortimpulse an den einzelnen Stationen in Orgelimprovisationen um. Damit schuf er in abwechslungsreicher und farbiger Registrierung Räume »klanglicher Art«.
Am Schluss der meditativen Stunde stand die Rückführung des Allerheiligsten in den Tabernakel, bevor die Feier mit dem Te Deum und dem Choral »Großer Gott« beschlossen wurde. Anschließend nahmen die Besucher die Gelegenheit wahr, den neu gestalteten Kirchenraum in vollem Licht und in seiner gesamten Weite auf sich wirken zu lassen. Sie zeigten sich sehr zufrieden mit dem Ergebnis der Renovierung und waren dankbar, die Chance bekommen zu haben, das leere Gotteshaus in dieser Form neu kennen zu lernen.

Artikel vom 22.03.2005