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Unbekannter unauffindbar

Gericht glaubt 38-jährigem Mann Geschichte nicht

Versmold/Halle (hj). Gibt es den großen Unbekannten, der ein Auto gefahren haben und einen Verkehrsunfall verursacht haben soll, oder gibt es ihn nicht? Nach Aussage von Strafrichter Peeter-Wilhelm Pöld gibt es ihn nicht, zumindest soll er nicht den Wagen eines 38-Jährigen, der den Unbekannten vor Gericht ins Gespräch brachte, gefahren haben.

Bei der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Halle sagte der angeklagte Geschäftsführer aus, dass nicht er von einer Gaststätte am Borgholzhausener Bahnhof in Richtung Versmold gefahren sei, sondern eben dieser schwarz gekleidete Unbekannte, der ihn am Bahnhof angesprochen habe, ob er nicht mitfahren könne nach Versmold. In den Nachtstunden des 22. Juli 2004 kam der Angeklagte mit Freunden alkoholisiert aus der Gaststätte. »Am Parkplatz kam der Mann auf mich zu und wollte nach Versmold. Da habe ich ihn gefragt, ob er nicht meinen Wagen fahren wollte. Das hat er dann getan«, erzählte der Angeklagte. Nach einer paar Kurven kam der Wagen dann von der B 476 ab und überschlug sich.
Zeugen, die kurze Zeit später am Unfallort eingetroffen waren, erzählte der Angeklagte, dass niemand mehr im Wagen sei. Erst etwas später habe er dann die Geschichte von dem Unbekannten eingebracht. Ein Zeuge: »Daraufhin habe ich den Wagen und die Gegend mit meiner Taschenlampe abgeleuchtet, aber nichts gefunden.« Auch ein Polizist sagte als Zeuge aus, dass die Feuerwehr später niemanden gefunden habe.
Diesen Aussagen widersprechen die Freunde, mit denen der Angeklagte die Gaststätte verlassen hatte. Sie sagten vor Gericht aus, dass sie jemanden gesehen haben wollten, der den Angeklagten an seinem Auto angesprochen haben soll. Ob er dann ins Auto mit eingestiegen und auch gefahren sei, konnten sie jedoch nicht sagen.
Für die Staatsanwaltschaft stand jedoch fest, dass niemand anders als der Angeklagte selber den Wagen trotz seiner Fahruntüchtigkeit (1,45 Promille) gefahren habe müsse. Besonderen Wert legte die Staatsanwältin auf die Aussage der Zeugen am Unfallort, die übereinstimmend erklärt hatten, der Angeklagte habe zunächst ausgesagt, dass niemand mehr im Wagen sei, später erst die Geschichte von dem Unbekannten hinzugefügt habe. Sie beantragte eine Geldbuße von 2250 Euro wegen Straßenverkehrsgefährung und Trunkenheit am Steuer.
Der Verteidiger des Angeklagten plädierte auf Freispruch. Für ihn steht fest, dass der endgültige Beweis, dass sein Mandant sein Auto gefahren haben soll, nicht erbracht worden sei. Dem konnte sich jedoch Richter Pöld nicht anschließen. Er verurteilte den Haller zu einer Geldstrafe in Höhe von 2025 Euro und einem weiteren Führerscheinentzug von sechs Monaten. »Das Gericht ist davon überzeugt, dass sie das Auto gefahren und auch den Unfall verursacht haben«, gab er dem Angeklagten mit. Für Pöld seien die Aussagen der Zeugen, die zuerst am Unfallort waren, entscheidend für die Urteilsfindung. Die Aussagen der befreundeten Zeugen hielt der Richter für fragwürdig.

Artikel vom 19.03.2005