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Große getanzte Emotionen

»Mimodram« begeistert mit »Faust«-Adaption

Von Ruth Matthes (Text und Foto)
Herford (HK). Ob Faust, Hamlet oder Carmen: Die georgischen Tänzer der Compagnie »Mimodram« sind Experten für die Adaption großer Bühnenstoffe. Wie lebendig sie mit ihrer individuellen Mischung aus klassischem Ballett, Pantomime und modernem Ausdruckstanz große Literatur erzählen können, zeigten sie am Donnerstag im Stadttheater.

Choreograph Lascha Oniani, der auch als Faust das Publikum faszinierte, hatte die wesentlichen Handlungsstränge des Goethe-Dramas ausgewählt und ihnen zwei Szenen aus Marlowes »Doctor Faustus« angehängt, in denen der Titelheld schließlich die ganze Tragweite seines Handelns erkennt, versucht sich vom Teufel loszusagen, jedoch seinen Pakt mit Mephisto erfüllen und die Welt verlassen muss. Zuvor sieht er sein Leben noch einmal an sich vorüberziehen - ein choreographisch ergiebigeres Finale als Goethes Schluss-Szene im Kerker. Das Tanztheater endete wie es begonnen hat:Êin der Unterwelt.
Lascha Oniani geht es ohnehin nicht um eine akribische Wiedergabe der Szenenfolge, ihm geht es vor allem um ihren emotionalen Gehalt. Immer wieder gelangen ihm und den vier weiteren hervorragenden Tänzern eindrucksvolle Bilder, sei es nun das Spinnennetz, in dem Mephisto die Menschen fängt, der rasante Hexenritt oder der »Pas de deux« von Faust und Gretchen, in dem ihre Liebe in ihrer ganzen Unmöglichkeit deutlich wurde.
Vor allem Catarina Robackidze als unglücklich liebendes Gretchen, das schließlich im Wahnsinn endet, zeigte immer wieder große Emotionen. Ohnehin machten die Tänzer dem Namen ihrer Compagnie, »Mimodram« alle Ehre. Mit ausdrucksstarker »Mimik« und Gestik, Präzision, Grazie und enormer Körperbeherrschung gelang ihnen ein Abend voller »Dramatik«.
Um Fausts Zweifel, Gretchens Leiden und Mephistos Lust an der Macht darzustellen, benötigten sie nur wenige kleine Requisiten. Eine große Rolle spielte jedoch die Musik, die geschickt gewählt war. Melodien von Vivaldi und Orff standen Klängen von Depeche Mode und Michael Jackson gegenüber. Verbunden durch die alle Grenzen überwindende Tanzkunst von »Mimodram« harmonierten diese unterschiedlichen Stile jedoch und trugen wesentlich zur Deutung der Figuren und Szenen bei. Das Publikum, darunter viele Schüler, klatschte lange Beifall.

Artikel vom 19.03.2005