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Grußkarten im Wandel der Zeit

Ausstellung im Natzunger Pfarrheim - Mehr als 400 Exponate zu sehen

Von August Wilhems
Natzungen (auwi). Es sind wahre Schätze, die an diesem Wochenende bei einer Grußkartenausstellung im Natzunger Pfarrheim zu bewundern sind. Aus dem Ort und der näheren Umgebung hat die Frauengemeinschaft Grußkarten, Feldpostbriefe und ähnliches aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts für diese Präsentation zusammengetragen. Insgesamt sind mehr als 400 Exponate zu sehen.

Die Ausstellung gibt einen Einblick in die Grußkartengeschichte dieser Zeitperiode. So sind Oster-, Pfingst-, Weihnachts- und Neujahrsgrußkarten zu sehen. Dabei ist festzustellen, dass die Grüße zu Weihnachten und Neujahr damals nicht wie heute zusammengefasst wurden, sondern zu jedem Anlass eine extra Karte geschrieben wurde. Auch Namenstagskarten waren damals selbstverständlich. Geburtstagsgrüße waren dagegen hierzulande keine Mode. Unüblich war es auch, das Absendedatum anzugeben. Nur aus dem Poststempel ist das Alter der Karten zu erkennen.
Die Grußkarten zu den Festtagen waren zumeist mit romantischen Motiven gestaltet. Die alten Ansichtskarten zeigen dagegen Gebäude und Straßenzüge, die heute kaum noch jemand wiedererkennt - vieles hat sich eben seit damals in den Orten verändert.
Zumeist aus dem 1. und 2. Weltkrieg, aber auch aus der Zeit vor 1900 sind Karten zu sehen, die Einblicke in die damalige Art der Kommunikation gewähren. So erreichte den Großvater von Ruth Tewes im Juli 1899 eine mit fünf Pfennig frankierte Reichspostkarte. Darauf teilt der wohl letzte aus Natzungen gebürtige Geistliche den nächsten Verwandten das Datum seiner Primizfeier mit. Auf das Mitbringen von Handtuch und Essbesteck wird ausdrücklich auf dem Einberufungsbefehl von Johannes Vogt aus dem Jahre 1939 hingewiesen. Um 6 Uhr hatte er sich in Paderborn einzufinden, um dann in den Krieg zu ziehen. Tochter Margit Kleine hält dieses verblichene Andenken an ihren Vater hoch in Ehren.
Einen großen Umfang nehmen in der Ausstellung die Feldpostkarten aus den beiden Weltkriegen ein. Sie dienten vor allem als Lebenszeichen und waren mit Grüßen und mit Dank für die letzte Post aus der Heimat, die damals zumeist in Abständen von vier Wochen eintraf, versehen.
An den Motiven der Kartenserien lässt sich ablesen, wie das sich wandelnde »Kriegsglück« die Moral an der Front und in der Heimat verändert hat. So zeigen die Karten aus den ersten Monaten des 1. Weltkrieges oft bekannte Bauwerke eroberter Städte der westlichen Nachbarländer, auf denen im Bildhintergrund Flammen lodern. In späteren Kriegsjahren ändert sich dann das Bild: Es ist ein kniendes Mädchen zu sehen, das für seinen Liebsten an der Front betet. Auf einer ganzen Kartenserie ist diese junge Frau mit jeweils einer anderen Zeile des »Vater unser«-Gebets abgebildet. Initiatorin Rita Lotze ist gerade von diesen Karten aus dem Jahre 1916 sehr beeindruckt, bringen sie doch die innigen Gefühle vieler Daheimgebliebener für ihre Angehörigen im »Feindesland« zum Ausdruck.
Ferner findet man in der Ausstellung Karten vom Kölner Karnevalsumzug 1909, alte Trauerkarten, Karten mit Jagdmotiven, Märchenkarten, Liebesgrüße, und auch das Konterfei Kaiser Wilhelms II. war auf dem Postweg unterwegs.
In gestochen scharfer Schrift zeigen die Absender, welche Mühe sie sich beim Schreiben der lieben Zeilen gegeben haben, übermittelten sie mit den Karten doch nicht nur einen Text, sondern auch die Wertschätzung dem Empfänger gegenüber.

Die Idee für diese Ausstellung war der kfd-Vorsitzenden Rita Lotze beim Stöbern in alten Ansichtskarten gekommen. Ein ansehnlicher Schatz schmucker Kartensammlungen aus ihrer Verwandtschaft befindet sich in ihrem Besitz. Auch andere Mitglieder der Frauengemeinschaft steuerten Exponate bei. Was lag da näher, als nach der erfolgreichen Präsentation heimischer Krippen, Engel, Puppen, Teddys oder Bilder in den vergangenen Jahren jetzt diese alten Postkarten der Öffentlichkeit zu zeigen.
Die Ausstellung im Natzunger Pfarrheim ist heute von 19.30 bis 21 Uhr und am morgigen Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet.

Artikel vom 19.03.2005