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Mathilde kann
Widukindstadt
nur bereichern

Die erste deutsche Königin aus Westfalen

Von Gerold Brinkmann
Enger (EA). Wer war Mathilde, der Deutschen erste Königin? Eine »selbstlose fromme Heilige, oder eine herrschsüchtige Frau?« Diese Frage versuchte Professor Dr. Heinrich Rüthing, profunder Kenner mittelalterlicher Geschichte, Donnerstag in einem höchst informativen und spannenden Vortrag im Ratssaal zu lösen.

Nicht ohne Grund war Rüthing vom Stammtisch Barmeierplatz und dem Förderverein Widukindmuseum um einen Beitrag gebeten worden; ist es doch erklärtes Ziel des Stammtisches, den nach Mathilde benannten Platz ein würdiges Aussehen zu verleihen, in dem Bezüge zu der historisch höchst bedeutsamen Person hergestellt werden. Auch der Förderverein hat ein Interesse, Mathilde stärker in das Konzept des Museums einzubinden, gilt sie doch als Ur-Urenkelin Widukinds.
Jedenfalls stuft der Mediävist Gerd Althoff Mathilde als »profilierteste Frauengestalt des Frühmittelalters« ein. Mathilde soll um 895 vermutlich in Enger geboren sein, sie starb 968 im Kloster Nordhausen im Harz.
Sie wurde im Stift Herford erzogen. Ihre historische Bedeutung erlangte sie, als der Sachsenherzog Heinrich 909 um sie als Braut warb. Heinrich war schon 35 Jahre alt und verheiratet; die Liebe besiegelte das Schicksal des Sachsen und der 14-Jährigen. 919 wurde Heinrich als Nachfolger Konrad I. deutscher König, Mathilde damit Königin.Nach dem Tod Heinrichs 936 trat Mathilde aus dem Schatten ihres Mannes heraus, sie stellte sich im Kampf um die Nachfolge auf die Seite ihres jüngeren Sohnes Heinrich. Der Vater hatte dagegen den älteren Otto den Großen zu seinem Nachfolger bestimmt. Das Verhältnis zwischen Mathilde und Otto blieb viele Jahre belastet.
Mathilde wird nachgesagt, besonders mildtätig gewesen zu sein, sie soll gerade den Bedürftigen gern und viel geholfen haben. Zugleich hielt sie die Erinnerung an ihren verstorben Mann hoch. Armenspeisung und Totengedenken gehören im frühen Mittelalter eng zusammen. Rüthing nennt es ihre eigentliche Lebensaufgabe.
Um die erforderlichen Gebetsleistungen zu erfüllen, brauchte Mathilde fromme Gemeinschaften, sie gründete einige Klöster. So entstand auch in Enger ein Kloster. Otto der Große hat dieses Kloster beschenkt und vermerkt, dass es von seiner Mutter gegründet wurde. In einer Urkunde aus dem Jahr 966 wird erwähnt, das Kloster sei zum Gedenken an König Heinrich gegründet worden.
Rüthing kommt zu dem Schluss, dass Enger »zeitweise neben, wenn nicht gar vor Quedlinburg der zentrale Ort für die Totensorge der Königin war«. Nach dem Tod Mathildes verlor das Kloster seine Bedeutung, Otto hatte seine Macht nach Sachsen verlagert. Dem Kloster fehlten bedeutende Insassen, hier lebten nach Auffassung von Rüthing »nur Mitglieder sozial weniger bedeutender Familien«.
Es gibt also für das Museum wie für die Stadt reichhaltig Punkte, aus dem Leben der Mathilde für die Selbstdarstellung zu werben. Dass die Königin in Enger bisher eher nachrangig Beachtung fand sieht Rüthing als Aufforderung zur Umkehr. »Sie hat ihr Bemühen um die Erinnerung verdient.«
Er bot den Geschichtsfreunden an, nach weiteren Quellen zur Biografie Mathildes zu forschen.

Artikel vom 19.03.2005