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Simonis wirft das Handtuch

Große Koalition möglich - Horstmann räumt Einfluss auf NRW ein

Kiel (WB/dpa). Zermürbt von der Niederlagen-Serie in Kiel wirft Deutschlands bisher einzige Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) das Handtuch.
Packt ihre Tasche: Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) gibt auf.
»Ich werde für ein Amt nicht mehr zur Verfügung stehen«, sagte die 61-Jährige am Freitag vor der schleswig-holsteinischen SPD-Fraktion. Simonis bleibt mit ihrem rot-grünen Kabinett zunächst geschäftsführend im Amt. Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) erklärte, er stehe für die Tolerierung einer rot-grünen Minderheitsregierung nun nicht mehr zur Verfügung. Auch die SPD schloss aus, nochmals einen rot-grünen Kandidaten ins Rennen zu schicken. Das sei bei einer Stimme Mehrheit nicht zumutbar.
SPD und CDU im Bund rechnen mit einer großen Koalition in Schleswig-Holstein. Diese würde voraussichtlich der CDU-Kandidat Peter Harry Carstensen führen. Im Bundesrat zählte ein schwarz-rotes Bündnis zum neutralen Block, eine Blockade-Mehrheit für Union und FDP in der Länderkammer wäre auch bei einem schwarz-gelben Sieg am 22. Mai in NRW nicht in Sicht.
Sondierungsgespräche sollen nach Worten von SPD-Landeschef Claus Möller Mitte kommender Woche beginnen. Am 23. April solle ein Landesparteitag das dann neue Bündnis absegnen, um am 27. April einen Ministerpräsidenten wählen zu können.
SPD-Chef Franz Müntefering meinte, Simonis sei nicht länger zuzumuten gewesen, sich von einem »Feigling« unter den Abgeordneten abhängig zu machen. Simonis hatte Donnerstag in vier Wahlgängen mit 34 von 69 Stimmen keine Mehrheit bekommen.
Was sie mehr noch als ihre persönliche Niederlage getroffen habe, sagte Simonis, sei der Schaden für die SPD. »Gegen offene Messer zu kämpfen ist nicht leicht, aber in der Politik manchmal notwendig. Gegen einen hinterhältigen Dolchstoß jedoch gibt es keine Abwehrmöglichkeiten.«
NRW-Regierungschef Peer Steinbrück (SPD) drängte auf eine rasche Regierungsbildung in Kiel, dessen rot-grüne Landesregierung am 22. Mai zur Wahl steht. OWL-Bezirkschef Axel Horstmann räumte ein, dass die Motivation zum Wahlkämpfen jetzt schwer falle. Die Vorfälle zeigten, wie wichtig es sei, Steinbrück mit einem klaren Regierungsauftrag auszustatten. Im übrigen seien Koalitionen Bündnisse auf Zeit.
Carstensen bekundete Simonis Respekt: »Sie hat viel für Schleswig-Holstein gearbeitet und sich dabei Ansehen weit über ihre eigene Partei hinaus erworben. Sie hätte einen anderen Abgang verdient.« Die Grünen würdigten den Rückzug als Ende einer erfolgreichen Ära.Seite 4: Hintergrund
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Artikel vom 19.03.2005