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Das Wort zum Sonntag

Von Pfarrer Körling Lansky, Rahden


Mit dem morgigen Sonntag Palmarum treten wir in die Karwoche ein, in der wir an das Leiden und Sterben des Gottessohnes Jesus Christus denken. Am Karfreitag schauen wir auf den Mann am Kreuz auf Golgatha. In der Stille dieses Tages hören wir die Worte, die Jesus als letzte Worte vor seinem Tod spricht: »Es ist vollbracht.«
Das können wir zunächst ganz menschlich-natürlich verstehen: Nun ist es zu Ende. Nun ist das Leiden durchgestanden. Nun ist die Last abgelegt - ein tiefes Aufatmen. Vielleicht haben wir es selbst einmal am Sterbebett eines Menschen miterlebt: Nach schwerem Todeskampf kommen zuletzt Minuten, da der Sterbende fühlt, dass er jetzt das Schwerste hinter sich hat.
Die Züge werden friedlich, die Angst ist gewichen, die Seele atmet schon in der großen Ruhe. So dürfen wir es uns auch bei dem Mann am Kreuz auf Golgatha denken. Und - hier geschieht mehr.
Der Liederdichter Paul Gerhardt hat in einem Lied zur Passion Jesu den Zielpunkt des Karfreitag in einem Zwiegespräch zwischen Gott und seinem Sohn zum Ausdruck gebracht. Da spricht der Vater zu seinem Sohn: »Geh hin, mein Kind, und nimm dich an der Kinder, die ich ausgetan zur Straf und Zornesruten, du kannst und sollst sie machen los durch Sterben und durch Bluten.« Und der Sohn antwortet: »Ja Vater, ja von Herzensgrund, leg' auf, ich will dir's tragen.«
Es ist ein klares Ja, das der Sohn sagt, ein Ja, das aus seinem Herzen kommt. Und er vollbringt es. Er geht den Weg der Erniedrigung, den gottgewollten Weg, den wir in seiner Tiefe rational nie fassen und erklären können und der doch nur ein Ziel hat: uns zugute.
»Es ist vollbracht«: Die Liebe des Vaters im Himmel zu seinen Menschen - die Liebe, die alles trägt, die einen langen Atem hat und immer voller Hoffnung ist, die sich ganz hingibt. Sie ist uns zugebracht. Die am Kreuz auf Golgatha ausgebreiteten Arme schließen uns ein. Wir sind von Gott angenommen, in Ehren angenommen, in seinen Augen wert geachtet. Und das macht uns reich.
Karfreitag - ein stiller Tag. So ist es gut. Gerade die Stille, das ehrfürchtige und aufnahmebereite Schweigen, kann uns helfen, der Liebe inne zu werden, die der treue Heiland vollbracht hat. Sie ist der goldene Bogen, der Himmel und Erde umspannt und uns mit dem Einen und untereinander verbindet.

Artikel vom 19.03.2005