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Die Knef ganz ungeschminkt

Christian Schröder aus Verl legt die erste umfassende Biografie vor

Von Manfred Köhler
Verl/Berlin (WB). Als es für Hildegard Knef 1986 bei ihrem Abschiedskonzert in Düsseldorf rote Rosen regnete, war der Verler Christian Schröder dabei. »Die Knef war über die Rosen so gerührt, dass sie nicht weitersingen konnte«, erinnert er sich. Damals wusste er noch nicht, dass der Star in seinem Leben einmal eine besondere Rolle spielen sollte.

Die Bühne, die er der Knef nun selber beinahe 20 Jahre nach dem eindrucksvollen Erlebnis geschaffen hat, ist ein 447 Seiten dickes Buch: Christian Schröder hat die erste umfassende Biografie über den Weltstar geschrieben. Der Titel des Buches: »Mir sollten sämtliche Wunder begegnen«. Zwei Jahre lang hat der seit 1990 in Berlin lebende Journalist Akten gewälzt, Filme studiert, Zeitzeugen interviewt, Bildmaterial, Zitate und Fakten gesammelt und Auszüge aus der Autobiografie »Der geschenkte Gaul« von 1970 sowie aus Interviews einfließen lassen, bei denen er der Knef begegnet ist. »Zum letzten Mal war das 1999 bei ihr zu Hause. Es ging um ihre letzte CD Ý17 MillimeterÜ«, erzählt der 39-jährige Verler und erinnert sich noch gut: »Damals war sie schon krank, hat aber trotzdem zwei Stunden mit mir gesprochen. Es war ein intensives Gespräch.«
Gespräche wie diese und viele Artikel, die er über die Knef verfasst hat, zeugen von einem besonderen Draht zu dem 2002 verstorbenen Star und machten ihn zum Insider. So wurde der Aufbau-Verlag auf Christian Schröder aufmerksam und machte dem Verler Lust auf ein Buchprojekt, das eine Lücke im Nachlass des Weltstars schließen sollte.
Entstanden ist ein sehr persönliches Portrait der Knef mit kulturgeschichtlichem Hintergrund über die Musikindustrie und einem Blick in die deutsche Seele der Nachkriegszeit. »Die Sicht der Deutschen auf Hildegard Knef ist eine spannende Geschichte«, sagt er und nimmt in seinem Buch auch die Medienpräsenz der Knef in der Boulevardpresse Anfang der 50-er Jahre unter die Lupe. »Sie war die erste, die in der Bild eine Homestory gehabt hat.«
Bei seinen Recherchen, für die Christian Schröder ein Jahr lang von seiner Arbeit in der Kulturredaktion des Berliner Tagesspiegels freigestellt worden war, reiste er zu den wichtigen Orten im Leben von Hildegard Knef: nach München, in ihre Geburtsstadt Ulm und nach Wien, wo er ihren zweiten Ehemann David Cameron besuchte. Er sprach mit vielen Bühnenkollegen der Knef, wie etwa Mario Adorf, Volker Lechtenbrink und Dietmar Schönherr, aber auch mit dem Komponisten Gerd Wilden und dem Schriftsteller Johannes Mario Simmel. Doch die eigentliche Abkürzung, die ihm viele Jahre mühseliger Recherche ersparte, führte über die Familie von Hildegard Knef: »Sie hat mich unterstützt. Außerdem habe ich mich durch den Knef-Nachlass im Berliner Filmmuseum arbeiten dürfen.«
Dort stellte Christian Schröder Ende Januar auch der geballten Berliner Presse gemeinsam mit dem Jazztrompeter Till Brönner und dem Leiter des Museums Helmut Prinzler sein Buch vor - etwa 30 Jahre nach seiner ersten Begegnung mit den Liedern von Hildegard Knef: Christian Schröders Mutter Margret (eine geborene Diekämper und Urverlerin wie ihr Mann Heinz) hörte leidenschaftlich gerne die Platten der Knef.
Wenn auch sein Herz heute in Berlin schlägt - der 39-Jährige und seine italienische Lebensgefährtin Ocka sind gerade Eltern geworden -, sind seine Wurzeln doch tief im Verler Land. Ab und zu zieht es ihn zurück zu Onkeln, Tanten, Cousinen und Cousins, zu Freunden und zu seinem älteren Bruder Markus. Auch das Schreiben kommt aus diesen Wurzeln. Schon sein Großvater, der Amtmann Alois Schröder, schrieb plattdeutsche Geschichten und der Vater arbeitete als Redakteur. »Mir liegt's im Blut«, sagt Christian Schröder lächelnd.Kultur

Artikel vom 18.03.2005