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Schönes Juwel
der Violinmusik

Da Costa Solist im Sinfoniekonzert

Von Wolfgang Günther
Paderborn (WV). Mit Werken von Sibelius, Bruch und Skrjabin gestaltete die Nordwestdeutsche Philharmonie Herford das fünfte Sinfoniekonzert in der Paderhalle.

Das 19. Jahrhundert ist auch geprägt vom allmählichen Entdecken und Erstarken nationaler Empfindungen und nationaler Identität bei den europäischen Völkern. Finnlands tragende und wichtige Stimme ist die von Jean Sibelius; er ist der Begründer des finnischen Nationalstils in der Musik, wobei sich seine kompositorische Meisterschaft ausschließlich auf sein Finnentum stützt. Seine Inspriration schöpft er aus zwei Quellen: aus der heimischen Volksmusik, die er zwar nicht vermehrt, sie jedoch zur Kunst erhebt und sie dadurch allgemeinverständlich macht, weiterhin aus der Eigenart der Landschaft mit ihrer Weite, Monotonie, aber auch Großartigkeit. Die wichtigste Quelle bleibt für Sibelius die Liebe zu seinem Volk in seiner wechselvollen Geschichte.
Das Sinfonische Gedicht »Finlandia« op. 26 ist sein musikalischer Ausdruck der Eigenart seines Volkes und zugleich dessen Ehrung. Sibelius gibt der Einsamkeit der Wälder, einem finnischen Volksfest und auch dem schwermütigen Charakter seine musikalische Sprache. Den Schluss dieses Sinfonischen Gedichtes bildet erzeugend eine prunkvoll-hymnische Erhöhung des tragenden Themas. Mit diesem Werk leitete die Nordwestdeutsche Philharmonie das Sinfoniekonzert in der Paderhalle ein. Das Orchester wurde dieses Mal von Camil Marinescu geleitet.
Eine zufriedenstellende dynamische Ausgewogenheit konnte Marinescu außer im Mittelteil kaum herstellen. Die großen, breit ausladenden Teile zeigten eine wenig nachvollziehbare Strukturierung - vor allem in der Blechbläsergruppe; die klangliche Wirkung blieb zu grell und flächig. Fast versöhnlich gestalteten Streicher und der Soloflötist die schlicht gehaltenen, volksliedhaften Melodien des Mittelteils.
Volkstümliche Nähe und unmittelbare Verständlichkeit von nachhaltiger Wirkung zeigte das Violinkonzert Nr. 1 g-Moll von Max Bruch, hier überzeugend interpretiert von dem jungen, hochbegabten Alexandre Da Costa, der dieses Juwel der Violinmusik bis in seine letzten Fasern auskostete - ein Fest für die Geige. Da Costa gab seinen Tönen neben einer lupenreinen Intonation stets eine Intensität und Glanz - trotz der störenden Paderhallentechnik. Höhepunkt seiner ausdrucksvollen Gestaltung war der Mittelsatz, dem ein mitreißend gespieltes Finale folgte. Das Orchester begleitete diesen Vollblutmusiker engagiert und in jeder Weise anpassungsbereit.
Wie stilistisch vielseitig dieser Künstler interessiert ist, zeigte er in den beiden Zugaben: zusammen mit dem Solocellisten spielte er eine »Impression« von Jimi Hendrix und einen langsamen Satz aus einem Werk für Solovioline von Bach.
Im zweiten Teil des Konzerts erklang die recht umfangreiche Zweite Sinfonie c-Moll op. 29 von Alexander Skrjabin, ein klanglich weitgefächertes und orchestral opulentes Werk. Das Orchester zeigte eine gute Einstudierung und vor allem bei den Bläsersolisten, Klarinette und Flöten, sehr schön ausgespielte Passagen. Die Naturschilderungen, die großen dynamischen Steigerungen und der hymnische Schluss knüpften in ihrer Intention an den Beginn dieses Konzertabends an.

Artikel vom 19.03.2005