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Pleitegeier bleibt ständig in Sichtweite

Haushalt verabschiedet: Alle Fraktionen wollen sparen und die Finanzen konsolidieren

Von Bärbel Hillebrenner
Bad Oeynhausen (WB). An die 2,3 Millionen Euro zusätzliche Belastung durch Hartz IV, höhere Kreisumlage, im Gegenzug weniger Zuweisungen von Land und Bund: Die Liste der Ausgaben wird für den Haushalt der Stadt Bad Oeynhausen immer länger, die Finanzen immer enger. In diesem Jahr muss der Bürger diese Mehrkosten noch nicht durch Gebühren- oder Steuererhebungen tragen. Dafür aber geht es an die Rücklagen. Mit diesen negativen Vorzeichen wurde gestern Abend der Haushalt mit einem Gesamtvolumen von rund 130 Millionen Euro verabschiedet.

»Mit Volldampf in die Pleite« fährt laut FDP-Chef Wilhelm Ober-Sundermeyer die Stadt, wenn der Haushalt nicht konsolidiert wird, wenn nicht strikte Sparmaßnahmen - aber an den richtigen Stellen - vorgenommen werden. Das wissen alle Fraktionen. Die Schulden müssen abgebaut werden. Auch darin besteht Einigkeit. Das gleiche Ziel, aber auf verschiedenen Wegen. Die FDP stimmte als einzige Fraktion dem Haushalt nicht zu.
Keine innovativen Ideen, finanzbuchhalterische Tricks, eine negative Einstellung zur Ausweisung von neuen Gewerbeflächen, schlechte personelle und technische Ausrüstung von Bauhof und Feuerwehr - die FDP hat eine lange Liste ihrer Ablehnungsgründe aufgeführt. Wilhelm Ober-Sundermeyer: »Wir müssen Herr im eigenen Haus bleiben und dürfen nicht das Risiko eingehen, unter staatliche Aufsicht gestellt zu werden. Wenn wir nicht gezielt sparen, läuft es aber darauf hinaus.« Sparen, aber dennoch gezielt investieren, freiwillige Leistungen nicht willkürlich streichen, Arbeitsabläufe überprüfen, Saisonarbeiten extern vergeben - das sind einige Vorschläge der FDP.
Auch die CDU will starre Verwaltungsstrukturen durch kaufmännisches Denken und Handeln ersetzen. »Die Einnahmen müssen verbessert werden«, sagte Fraktionsvorsitzender Kurt Nagel. Die Konsequenz: zielorientierte Stadtentwicklung und erfolgreiche Wirtschaftsförderung. Nagel: »Wir halten eine freundliche Stadt für Kinder und Familien, für Handel und Gewerbe für wichtiger als eine freundliche Stadt für Fahrradfahrer.« Radwege rechts und links der Straßen seien nicht nötig, kritisierte er die SPD. An deren Parteikollegen in der rot-grünen NRW-Landes- und Bundesregierung ließ er kein gutes Haar. »Bund und Land treiben die Kommunen in den Ruin, bürden ihnen immer höhere finanzielle Belastungen auf«, sagte Nagel.
Im Rahmen der Finanzplanungen müssten bei allen Entscheidungen auch die Folgen berücksichtigt werden: zum Beispiel beim Brandschutzbedarfsplan oder beim Bäderkonzept, bei Beschlüssen zu Schulen, Sporthallen, Gewerbegebieten oder der Abwasserbeseitigung Nagel: »Der Bürger muss auch ehrlich wissen, wenn freiwillige Leistungen nicht mehr erbracht werden können.«
Ehrlichkeit und Offenheit gegenüber dem Bürger sowie innerhalb des Rates, das favorisiert auch weiterhin die Fraktion Grüne/Bürgerforum. Der Bürger müsse wissen, »dass die Einnahmen nicht ausreichen, um die Ausgaben zu decken«, so Vorsitzender Reiner Barg. Faktisch schiebe die Stadt jährlich bis zu acht Millionen Euro ungedeckte Kosten vor sich her. Die Pro-Kopf-Verschuldung sei mit 2 000 Euro doppelt so hoch wie der Durchschnitt anderer Kommunen. Die finanzielle Misere, so Barg, sei auch zum Teil durch die Reduzierung von Schlüsselzuweisung und Kurortehilfe sowie durch weniger Einkommenssteuer entstanden. Die Höhe der Kreisumlage sei unzumutbar. Barg: »Jede Ebene denkt nur an sich.« Die Fraktion stimme dem Haushalt nur zu, weil man damit handlungsfähig bleibe mit der Verpflichtung, die Voraussetzungen für einen mittelfristig ausgeglichenen Haushalt und Spielräume für Investitionen zu schaffen.
Weil der Gestaltungsspielraum immer kleiner wird, hat die SPD auf Änderungsvorschläge im Haushalt verzichtet. Auch sie kritisiert die Mehr- statt Entlastung durch Hartz IV, was die Fraktion jedoch dem Kreis und nicht ihrer rot-grünen Regierung anlastet. Der Anteil der Unterkunftskosten sowie die höhere Umlage machten einen Betrag von fast 18 Millionen Euro aus, sagte Fraktionschef Olaf Winkelmann. Die Schulden von 90 Millionen Euro müssten gesenkt werden: »Nur allein an Zinsen zahlen wir jährlich 5,5 Millionen Euro«, so Winkelmann. Dennoch müsse auch in diesen schwierigen Zeiten investiert werden, um die Wirtschaft zu stärken. So sei es richtig, Schulen zu sanieren, einen Kindergarten neu zu bauen, die Sporthalle Süd umzubauen und die Ganztagsschule zu erweitern.

Artikel vom 17.03.2005