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Höxter rettet die Kammmolche

Neuer Amphibien-Lebensraum ist Voraussetzung für Bundesstraßenbau

Von Frank Spiegel
Höxter/Godelheim (WB). Die Kammmolche, die zwischen Godelheim und Höxter leben können, sich freuen: Noch in diesem Jahr wird damit begonnen, für sie ein Paradies zu schaffen. Heinz-Jürgen Gensicke, stellvertretender Leiter des Landesbetriebs Straßen NRW in Paderborn, stellte dem Ausschuss für Planung und Umweltschutz sowie den Ortsausschüssen Höxter und Godelheim jetzt die Maßnahmen vor.

Zunächst einmal wird der gerade erst befestigte Weg in das den Kammmolchen vorbehaltene Gebiet zu den großen Teichen gesperrt. Nur die Drachenflieger dürfen diesen weiter nutzen, um zu ihrem Abflugplatz zu gelangen. Insbesondere für junge Kammmolche sollen noch in diesem Jahr Gesteinshaufen und Wälle angelegt werden. Die Freizeitnutzung eines derzeit auch als Angelgewässer genutzten Sees soll eingeschränkt werden. Um den Zugang dorthin zu erschweren, wird ein Wassergraben angelegt.
Zusätzlich sollen fischfreie Laichgewässer für die Molche -ÊGensicke: »Jeder spricht von ihnen, gesehen hat sie noch kaum jemand« -Êangelegt werden.
Ein anderes Gewässer soll naturnah gestaltet werden, indem das Ostufer mit 80 000 Kubikmeter Material abgeflacht wird. Der nördliche Teilbereich soll durch Aufschüttungen vom Rest des Sees abgetrennt werden. Gensicke: »Mit beiden Maßnahmen wird noch in diesem Jahr begonnen.«
Im Zuge der Baumaßnahme selbst bekommt das Bundeswehrgelände einen neuen Weg außerhalb des FFH-Gebietes. An diesem werden Amphibienleitanlagen und Durchlässe angelegt. Auch die neue Bundesstraße 64/83n wird mit einer stationären Amphibienleitanlage versehen. An drei Stellen können Molche und andere Amphibien zwischen sechs bis zehn Durchlässen wählen.
Zudem soll Ackerfläche in Extensivgrünland umgewandelt und eine Staueinrichtung am Hechtgraben entstehen. So sollen die Wiesen im Norden des Gebietes regelmäßig überflutet werden. Auch während der Baumaßnahme sollen weitere geeignete fischfreie Laichgewässer für die Kammmolche entstehen.
Wieviel all diese Maßnahmen für das Kammmolchparadies zwischen Godelheim und Höxter kosten werden, dazu konnte Heinz-Jürgen Gensicke noch keine Angaben machen. Sicher sei nur, dass es die B 64/83n nur dann geben werde, wenn sich die Kammmolche in dem Gebiet positiv entwickelten.
Dass dieser Aufwand betrieben wird, obwohl die Amphibien mit oder ohne die Bundesstraße in ihrem jetzigen Lebensraum keine Chance zum Überleben hätten, weil dieser immer mehr versandet, stieß bei Teilen der Zuhörerschaft auf wenig Verständnis. Auch bei den Politikern regte sich teilweise Unmut über die geplanten Maßnahmen. Künstlich geschaffene Lebensräume seien problematisch, und hier werde ein solcher in extremem Maß geschaffen, meinte Manfred Schelhorn (CDU): »Wer soll denn diese Kosten verantworten.« Die Gesetzgebung, die ein derartiges Vorgehen vorschreibe sei »Schwachsinn«. Auch Heide Schleip zeigte kein Verständnis, dass zuerst an die Kammmolche und dann zum Beispiel an die Kinder gedacht werde, die an der viel befahrenen Straße in Ottbergen und Godelheim wohnten und sich so etwa schlechter auf Klassenarbeiten vorbereiten könnten als andere.
Doch sowohl Technischer Beigeordneter Dardo Franke als auch Heinz-Jürgen Gensicke wiesen darauf hin, dass diese Maßnahme unumgänglich sei, damit es die neue Bundesstraße überhaupt geben kann. Wann das sein wird, liegt nach Angaben des stellvertretenden Leiters des Landesbetriebs Straßen NRW im Bereich der Spekulationen. Wenn alle sich einig seien und es zu keinen Klagen komme, könne möglicherweise in 12 bis 13 Jahren mit der Straße gerechnet werden.

Artikel vom 17.03.2005