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Verfallfrist
ist oft
zu kurz

Serie zum Arbeitsrecht

Kreis Gütersloh (WB). Viele Muster-Arbeitsverträge sehen vor, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn diese nicht innerhalb von zwei Monaten ab Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Ein Arbeitnehmer, der diese Frist nicht einhielt, musste bislang damit rechnen, dass zu spät geltend gemachte Forderungen von den Arbeitsgerichten abgewiesen wurden.

Dieser Auffassung hat das Landesarbeitsgericht Hamm jetzt erstmals widersprochen. In einem Rechtsstreit, in dem Rechtsanwalt Helmut Reingruber den Arbeitnehmer eines ostwestfälischen Fleischwarenunternehmens vertrat, entschied das Gericht, dass zweimonatige Ausschlussfristen in Formular-Arbeitsverträgen unwirksam sind. Ihre Entscheidung (Aktenzeichen: 19 Sa 1424/04) begründeten die Arbeitsrichter damit, dass Ausschlussfristen von weniger als drei Monaten eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen.
Es sei zu berücksichtigen, so die Arbeitsrichter weiter, dass das Gesetz selbst keine Verfallfristen vorsehe und die gesetzlichen Verjährungsfristen durch das so genannte Schuldrechtsmodernisierungsgesetz noch verlängert wurden. Verfallfristen, die kürzer sind als ein Zehntel der gesetzlichen Verjährungsfristen, seien nicht zu rechtfertigen. Solch kurze Fristen würden nicht zu einem sinnvollen Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer führen und außerdem nicht dem allgemeinen Rechtsempfinden entsprechen.
Die Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts bedeutete für den Arbeitnehmer, dass ihm ausstehender Restlohn zugesprochen wurde, obwohl sich der Arbeitgeber auf den Ablauf der Ausschlussfrist berufen hatte. Auch wenn das Landesarbeitsgericht Hamm die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht zugelassen hat, ist laut Rechtsanwalt Helmut Reingruber davon auszugehen, dass die Bundesrichter das sehr sorgfältig begründete Urteil des Landesarbeitsgerichts bestätigen werden. Arbeitgeber sollten deshalb die von ihnen verwendeten Formular-Arbeitsverträge überprüfen.

Artikel vom 16.03.2005