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»Kinns du ne Waigen?«

Plattdeutsches von Pastor i.R. Wilhelm Dullweber

Stemwede (WB). Immer wieder gibt es im Plattdeutschen Wörter, deren Bedeutung selbst ausgewiesene Fachleute nicht parat haben. Um ein solches Wort geht in der heutigen Folge von »Datt ess ett wesen«.
Pastor Wilhelm Dullweber war jahrzehntelang Seelsorger im Pfarrbezirk Haldem-Arrenkamp-Ilwede. Der 69-Jährige ist ein Stemweder Urgestein und hält heute noch Gottesdienste ab, auch in plattdeutscher Sprache.

»Wo bis du denn dei ganzen Dage wesen? Wie täufet doch upp die!« So wurd ick bie Reddehasen in Empfang nurm. »Nu man ess sinnig, watt giff ett denn wichtiges?» »Kinns du ne Waigen?« »Sicher, dor wett Kinner rinleggt , wenn sei schlärpm schürt.« »Datt hess du die sehr dacht, ne Waigen datt ess ganz watt anners«.
»Lür, denn segget mie, watt jie meint?«. »Ne Waigen, dei kump vön Wagen!« »Jau« segge ick. »Un anne Waigen sitt dei beiden Schwengels, doch watt es dor so wichtig rann, datt jie dor oll Dage lang rupp täufet, jie wird datt doch«. »Watt wie wierd wolln, wie hett Waigen upp Härchdüütsch?» »Au weiha« dort stönd ick nu, denn ganzen Mund vull Thehne un wüss nich watt ick seggen schöll. Ick heffe hen un her owerleggt.
Doch mie föllt nicks in. Ne Waage, heff ick owerlegt, doch datt könn nich sien, datt heff jä nicks mett wiegen tau daun. Ick möss mie doch geschlagen gierm. »Ick weit ett nich«! Un miene Frünne reibm sick dei Hänne, wie erk nich, nu heff wie die ess richtig rinleggt.
Un ick mott seggen, ett läut mie keine Ruhe. In Huse heff ick mie glieks ein Plattdüütschen Wörterbauck herkriegen, doch so richtig was datt auck nich vö mie. Waigenstrang = Zugseil am Leiterwagen. Hollt hier, dor steiht ett: Waigen oder Weijen - Teil vom Leiterwagen, zum Geschirr gehörig . großer Schwengel für mehrspännige Fuhrwerke. Doch datt wüss ick oll ollns, doch datt Wort? Dorvö mott ett doch auck ein Hochdüütschen Wort gierbm!
Ick heffe wieter fröcht, doch keiner könn mie datt seggen, kein Bur un kein Knecht.Ick heff wieter fröcht, un küre mett Oevermanns Karl vonne Wilhelmshöhe. Karl segg tau mie: »Bie us arbeit ein Koch, dei kann gaut platt, denn fräge wie nu.«
Karl räup öhne inne Kürken an. Doch hei wüsse ett auck nich. När ungefähr teihen Minutn klingelt datt Telefon. »Ick heff mett use Mäum kürt, un dei segg,datt hett upp Härchdüütsch: Weiche!« Tau est heff wie owerleggt, doch ett moch woll stimm, denn dei Weichen bie dei Isenbahn dei kähm ese ess vierl later, un du kanns dormett jä dei Richtung veännern, dei dei Zug ninimmp.
Un bie dei Waigen, dor hess inne Mitte jümmern zwei Löker un dor kummp dei Dieselstock dür un an dei Waigen sitt denn dei beid'n Schwengel. Entweder hett beide glieke vierl tau thein, oder dei eine krich denn langen Strang un hei tüt weiniger un dei annere, krich denn kotten Strang un mott mehr luken.
Datt lücht mie inn, doch denn mott ick Waigen jetzt woll mett ei schriebm wenn ett mett Weiche tauherpe hang. Ower ett kann jä sien, datt du ner watt anners weiß, denn lert mie datt doch wiert'n. Miene Frünne bie Reddehasen täufet nehr upp miene Antwort. Kiek sehr ess datt wesen.«

Artikel vom 16.03.2005