18.03.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Kein Fetzen war vor mir sicher

Helga Schmitz zeigt ihre Werke beim Bödexer Ostereiermarkt

Von Alexandra Rüther
Bödexen (WB). Wenn Helga Schmitz von ihrem Hobby erzählt, gerät sie ganz schnell ins Schwärmen. »Der Stoffdruck ist unheimlich vielseitig, ich kann meiner Kreativität freien Lauf lassen«, begeistert sich die 61-Jährige aus Bad Driburg.

Am kommenden Wochenende zeigt sie ihre Werke beim Ostereiermarkt in Bödexen. Bunte Tulpen, kleine Häschen zwischen pastellfarbigen Blüten, das sind jetzt die Motive, die auf den Läufern, Sets, Tischdecken oder Kissenhüllen zu finden sind. Und natürlich ihr ganz eigener Hahn. »Der Hahn ist mein Lieblingsmotiv, den habe ich selber entworfen«, berichtet Helga Schmitz. Und schon hat sie wieder ein Model in der Hand (so nennt man den Druckstock), trägt mit einem Schwamm die Stoffmalfarben auf und legt los. »Wenn ich morgens meinen Kaffee getrunken habe und das Licht stimmt, dann hält mich nichts mehr auf. Während des Druckens kommen mir immer wieder neue Ideen, wie ich die Motive anordne und welche Farben ich nehme«, erzählt die Bad Driburgerin, die froh ist, dass die Zeit der braunen Elche mit Tannengrün vorbei ist. Frühling ist jetzt angesagt.
»Früher habe ich gestickt«, so Helga Schmitz, aber das habe immer so lange gedauert. Der Stoffdruck dagegen biete sofort sichtbare Ergebnisse. Und so hat sie sich in vielen Kursen der Familienbildungsstätte Bad Driburg die Technik des Stoffdrucks angeeignet und in den 90er Jahren auch selber Kurse gegeben. »Als ich anfing, war kein weißer Stoff vor mir sicher. Meine beiden Töchter haben irgendwann ihre T-Shirts im Schrank versteckt, weil ich alles bedruckt habe. Und die beiden wollten so gerne mal wieder etwas Schlichtes anziehen«, erinnert sich Helga Schmitz mit einem Schmunzeln.
»Ich habe mich auch ausführlich mit der Geschichte des Blaudrucks beschäftigt«, sagt die Bad Driburgerin, weist aber sofort darauf hin, dass es sich bei ihrem Hobby um Stoffdruck handelt. Blaudruckereien gebe es zwar noch einige wenige in Deutschland, der Blaudruck sei aber in den eigenen vier Wänden gar nicht umzusetzen, »viel zu anstrengend«, so Helga Schmitz. Auch wenn sie ihre Stoffe bedruckt, arbeitet sie im Stehen, um möglichst kraftvoll zu drucken. Die Schwielen an ihren Fingern machen ihr nichts aus.
Viele Redewendungen der Blaudrucker finden sich auch noch in unserer heutigen Sprache. »Das blaue Wunder erleben« zum Beispiel. Helga Schmitz erklärt: »Die Blaudrucker druckten früher weiß auf weiß. Erst nachdem der Stoff in die Farbbecken eingetaucht und zum Trocknen aufgehängt worden war, wurden die Muster durch die Oxidation an der Luft sichtbar. Die Drucker erlebten also ihr blaues Wunder«. Und weil die Blaudrucker sonntags gefärbt haben, und die blauen Stoffe auch montags noch zum Trocknen an der frischen Luft hängen mussten, machten sie montags »blau«. Im Friseurhandwerk hat der »blaue Montag« auch heute noch Bestand.
Wer Interesse an mehr Anekdoten hat, oder an Stoffen mit frischen Frühlingsmotiven, der findet Helga Schmitz am Samstag und Sonntag im Haus des Gastes in Bödexen auf dem großen Ostereiermarkt.

Artikel vom 18.03.2005