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Schätze zeugen vom
Glauben der Menschen

Künstler Wladimir Zlatkov fertigt Relief für Gemeinde

Von Sarah Hegenbart
Gehrden (WB). Mit einer eindrucksvollen Festliturgie und vielen Gästen feierten die Gehrdener am Sonntag die Übergabe des 12-Apostel-Bildes. Der Höxteraner Künstler Wladimir Zlatkov hatte der Gemeinde das Holzrelief zum Dank dafür angefertigt, dass sie ihm das Holz der 800-jährigen Apostellinde geschenkt hatten.

»Ein Baum hat viele Äste, das ist das Beste, denn wär er kahl, wärÕs nur ein Pfahl«. Mit diesem Zitat von Heinz Erhardt brachte Ferdinand Gerdes, Vorsitzender des Bezirksausschusses Gehrden, die Geschichte über die Entstehung des Reliefs auf einen Punkt. Das wunderschöne 12-Apostel-Relief würde es nämlich ohne die Äste der berühmten Apostellinde gar nicht geben.
Die Apostellinde grünt seit etwa 800 Jahren neben der Kirche. Ein gekappter Baum wurde dafür auf zwölf Hauptäste gezogen, so dass jeder Ast nach einem Apostel benannt werden konnte. Allerdings drohte diese altehrwürdige Linde 2002 trotz Verstrebungen auseinander zu brechen, so dass Baumchirurgen konsultiert werden mussten. Diese sahen nur eine Lösung: eine radikale Operation. Deshalb musste der Baum, der einen Kronendurchmesser von stolzen 30 Metern aufwies, viele seiner Äste lassen.
Ferdinand Gerdes sah mit Schrecken der Aktion zu und als er hörte, dass die besonderen Äste geschreddert werden sollte, kam er sich vor, »als hätte er reichlich vom schweißtreibenden Lindenblütentee« genossen. Eine Lösung war jedoch schnell gefunden. Die Gehrdener entschieden sich, das kostbare Lindenholz, das so gut für Holzschnitzereien geeignet ist, dem Höxteraner Künstler Wladimir Zlatkov zu schenken. Zum Dank dafür wollte Zlatkov ein Relief aus einem Teil des Holzes schnitzen. Das Motiv war naheliegend: die zwölf Apostel, die schon dem Baum, aus dem das Kunstwerk geschnitzt würde, dem Namen gaben.
Dieses Relief ist nun in der St. Peter und Paul-Kirche zu bewundern. In der Mitte des Tryptichons steht Jesus. Bei der Darstellung der Jünger machte Zlatkov, der aus Bulgarien stammt und 1981 in Sofia die Kunstakademie mit Auszeichnung abschloss, Gebrauch von seiner künstlerischen Freiheit. Statt Judas, der Jesus verleugnet hat, stellte er den Völkerapostel Paulus dar, der sich erst spät zum Glauben bekannt hat und neben Petrus auch Patron der Gehrdener Kirche ist.
In der 800 Jahre alten Kirche befindet sich das Bild in guter Gesellschaft. Herbert Dohmann nannte nur einige der bedeutenden Kunstschätze wie das Taufbecken aus dem 13. Jahrhundert, Holzschnitte aus der Gothik und Reste der Renaissancemalerei, die in der Kirche zu sehen sind. Diese Schätze zeugen laut Dohmann von der »Gläubigkeit der Menschen«, deren Gebete auch im neuen 12-Apostel-Relief Gestalt annehmen.
Auch in seiner Predigt hatte Pfarrer Markus Röttger schon vorher die Bedeutung des Baumes für die Gehrdener betont: »Den Baum, der mittlerweile zum Naturdenkmal avanciert ist, pflanzten fromme Christen mit der Intention, dass er das Leben und die Botschaft Jesu symbolisiere. In seinen zwölf Stämmen, wovon jeder für einen der Jünger steht, soll das Leben deutlich werden.« So wie der Baum wachse, solle auch die Botschaft Jesu wachsen und weiterverbreitet werden. »Es hat sich im Dorf aber nicht nur eine Beziehung zum Baum entwickelt«, hob Röttger hervor. Vielmehr trage die Linde auch dazu bei, dass eine Beziehung der Gehrdener untereinander entstanden sei, weil sie alle den selben Baum als wertvoll erachteten. Durch den hohen ideellen Wert, den der Baum verkörpert, entsteht laut Röttger eine geistige Beziehung zur Botschaft der zwölf Apostel.

Artikel vom 16.03.2005