14.03.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

GWD: Es brennt an allen Ecken und Enden

Die Kooperation mit Hannover (l. Raphael Voigt) bereitet »Hotti« Bredemeier derzeit einiges Kopfzerbrechen. Fotos: WB

Viele Brandherde beim abstiegsbedrohten Nachbarn

Von Volker Krusche
Minden (WB). Die kritischen Stimmen werden immer lauter. Derzeit möchte wohl niemand in der Haut der Verantwortlichen von Handball-Bundesligist GWD Minden-Hannover stecken: Das Abstiegsgespenst im Nacken, die 2. Liga vor Augen.

Außerdem Unruhe im Umfeld, ein Trainer, der in der Öffentlichkeit in der Schusslinie steht, ein Team, das diese Bezeichnung auf Grund verfehlter Personalpolitik nicht verdient, Spieler, die Angst vor ihrem Coach haben, der Kopf der Mannschaft, der laut über sein Karriereende nachdenkt und ein Kooperationspartner, der die Mindener Verantwortlichen finanziell ganz schön hängen lässt - nicht gerade die besten Voraussetzungen, um in den noch ausstehenden elf Spielen den anvisierten Klassenverbleib nach völlig verkorkster, indiskutabler und maßlos enttäuschender Saison noch zu verwirklichen.
Nein, die »Grün-Weißen« machen, das zeigen die unterschiedlichen Brandherde, in der Serie 2004/05 das schwierigste Jahr seit dem Wiederaufstieg vor gut einem Jahrzehnt durch. Wie groß waren die Hoffnungen, die an die Aufstockung des Etats, in erster Linie dank der Millionen-Gabe von Bauunternehmer Papenburg, gerichtet waren. Sicherlich wurde der Teil-Umzug in die später in TUI Arena umbenannte Preussag-Arena von vielen Mindenern zwiespältig angesehen, die Entscheidung war zwecks Erhalts des Hauptvereins


























aber dennoch die einzig richtige. Das Ausbleiben dieser Finanzspritze hätte nicht nur den wahrscheinlichen Rückzug in Liga zwei, sondern durchaus für die Vereinsvertreter auch den Gang zum Amtsgericht zur Folge haben können. Dass Hannover inzwischen aber nicht nur für die Mindener Anhängerschaft zum ungeliebten Spielort wurde, ist wohl kaum noch von der Hand zu weisen. Gerade an der Leine blieb der Besuch doch deutlich hinter den ohnehin schon ziemlich niedrig kalkulierten Zuschauerzahlen zurück. 4000 sollten es im Schnitt sein - zahlende versteht sich. Doch davon ist man bei etwa 2500 Fans pro Spiel meilenweit entfernt. Und das, obwohl die Topteams fast sämtlich in Hannover und nicht in Minden aufliefen. Auch in der Kampa-Halle liegt man hinter den Erwartungen zurück - anvisiert waren 2000 Besucher pro Partie -, allerdings nur knapp. Dort aber waren die Gegner u.a. mit Düsseldorf, Schwerin, Göppingen oder Wetzlar auch weit weniger attraktiv als Flensburg, Nordhorn, Magdeburg im Tempel auf dem Expo-Gelände.
Die fehlenden Zuschauerzahlen haben bereits ihre Folgen hinterlassen. Mit rund 200.000 Euro wird das Loch beziffert, das durch die ausgebliebenen Besuchereinnahmen entstanden ist. Ein Betrag, der durch eine Steigerung der kalkulierten Werbeeinnahmen zwar nicht komplett aufgefangen, aber zumindest reduziert werden kann. Hinzu kommt, dass Manager Horst Bredemeier den Etat für die neue Saison bei der Einreichung der Lizensierungsunterlagen (waren bis zum 10. März einzureichen) um eben diese 200.000 Euro kürzen musste. »Wir hatten mit 600.000 Euro Zuschauereinnahmen gerechnet, werden uns aber wohl nur bei 400.000 Euro einpendeln. Das ist bedauerlich. Wir können in Minden den Handball nur erstklassig erhalten, wenn die Menschen in der Region das auch wollen und das auch zeigen«, so Manager Bredemeier.
Der hat aber noch an vielen anderen Brandherden den Löschgruppenführer zu spielen. Im Umfeld werden die Stimmen immer lauter, dass die Personalpolitik in dieser Saison eine einzige Katastrophe sei. Wer will den Anhängern diese Meinung verdenken, ist doch ein ziemlich großer Funken Wahrheit darin enthalten. Das Team verfügt über keinen Kopf. Weder in der Abwehr, noch innerhalb des Teams. Keiner, der mal dazwischen haut, wenn es erforderlich ist, keiner, der in der Abwehr Zeichen setzt und seine Nebenleute am »Schlawittchen« packt, wenn die Einstellung zu lasch ist. Nein, Patrekur Johannesson war nie diese Figur, die man in ihm sehen wollte. Innerhalb des Vereins gehen die Meinungen auseinander, dass nach der Einstellungs-Untersuchung klar gewesen sein soll, dass mit dem Knie des Isländers etwas nicht in Ordnung ist. Doch der eine redet so, der andere so. Amateurhaft!
Hier geht es um professionelle Arbeit - und die vermisst man bei den »Grün-Weißen« immer mehr. Zwei junge ausländische Spieler wurden geholt, wo doch jedem klar ist, dass selbst die Topspieler bei einem Wechsel in die Weltliga etwa eine halbe Saison benötigen, um Fuß zu fassen. Erst recht bei Akteuren, die dieses Prädikat eben noch nicht besitzen. Hinzu kommt, dass man die Gesamtplanung nicht so aufbaute, dass noch ein paar Euro für einen zweiten - vielleicht jungen, hungrigen - Kreisläufer übrig waren. Mit der Verletzung von Dimitri Kouzelev erhielt man die Quittung dafür. Amateurhaft!
Dann die Leistungen, die kein Fan nachvollziehen kann. Die Spieler wirken ohne die nötige Einstellung, der Gegner zeigt, was Kampf ist. Aggressivität ist zumeist nur in den einer Flucht gleichkommenden anschließenden Mannschaftssitzungen zu spüren, aber nicht dann, wenn es erforderlich ist. Warum spürt kein Gegner das Brennen der Mindener Spieler, spürt den Schaum vor'm »Maul«? Ganz einfach, weil es ihn viel zu selten gibt. Nein, damit ist kein Blumentopf zu gewinnen. Amateurhaft!
Inzwischen gilt ein Hauptaugenmerk vieler Zuschauer dem Trainer. Die Kritik an Velimir Kljaic wächst - und das nicht nur auf Grund seiner Aussagen über die jungen Mindener Spieler (»Memmen«). Im Internet wird sogar über eine schnelle Lösung gesprochen. Der Name Dieter Löffelmann, der seine Fähigkeiten unbestritten im Zusammenspiel von Zuckerbrot und Peitsche hat und als Motivator im heimischen Raum unübertroffen scheint, wird als der Mann gefordert, der die letzten Wochen erfolgreich gestalten soll. Das Vertrauen zu »Velko« bröckelt.
Doch der Coach hat nicht nur mit der Meinung der Fans zu kämpfen. Einige seiner Akteure haben schlichtweg nicht mehr nur Respekt vor ihm, sondern geben offen zu, auch Angst vor ihm zu haben. Sogar von Tränen, die geflossen sein sollen, ist schon die Rede.
Die Unruhe in Minden wird immer größer. Erst recht, wenn sich jetzt auch noch bewahrheiten sollte, was Patrekur Johannesson nach dem letzten Spiel in Hannover von sich gab. »Zwei Spiele binnen vier Tagen halte ich mit meinem Knie nicht mehr durch. Das hat mir diese englische Woche deutlich gezeigt. Es geht einfach nicht mehr. Ich muss was unternehmen, werde zum Arzt gehen und die Sache klären«, so der Isländer. »So kann es jedenfalls nicht weitergehen. Ich habe alles versucht, sportlich und durch eine Operation. Doch das Knie tut nur noch weh. Und jetzt bin ich soweit, dass ich an meine Gesundheit denken muss!« Waren das schon die Worte des Abschieds? Optimismus drücken sie nicht gerade aus.
Ebenso wenig die Zusammenarbeit mit dem Partner in Hannover. Seit Ende vergangenen Jahres hinkten Zahlungen hinterher, kamen erst, als nicht nur mit lieben Worten Druck gemacht wurde. Allerdings stehen Monat für Monat zumeist zwei Raten aus. Wahrlich kein viel versprechendes Miteinander in dieser noch jungen Kooperation. Amateurhaft!

Artikel vom 14.03.2005