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Kassenchefs unter Druck

Überhöhte Vorstandsgehälter: Versicherungsamt prüft vier Fälle

Frankfurt/Main (AP). Wegen überhöhter Vorstandsgehälter geht das Bundesversicherungsamt (BVA) gegen mehrere Krankenkassen vor. Die Kontrollbehörde schätzt die Bezüge bei mindestens drei Versicherungen als deutlich zu hoch ein, erklärte BVA-Chef Rainer Daubenbüchel. Gegen zwei Kassen sei bereits Klage eingereicht worden.

Eine dritte werde nun aufgefordert, Spitzengehälter von 250 000 Euro zu rechtfertigen. Unterstützung erhielt Daubenbüchel von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, die wegen der möglicherweise dritten Nullrunde 2006 für die 20 Millionen Rentner politisch unter Druck steht. Wenn die Wirtschaft nicht wie nötig in Gang komme und die Lohn- und Gehaltsentwicklung stagniere, dann werde es nichts zum Verteilen geben, bestätigte Schmidt Berichte aus der Vorwoche. Sie bat die Rentner, Verständnis für die Situation zu haben. Auch die Beschäftigten müssten derzeit auf Vieles verzichten wie Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie Überstundenzuschläge. In dieser Situation habe jeder seinen Teil zu tragen.
Aber auch bei den 280 Krankenkassen regt sich Kritik an den jüngsten Gehaltserhöhungen einiger Vorstände. Schmidt nannte die teilweise kräftigen Anhebungen einiger Managerbezüge bei Krankenkassen geschmacklos und schändlich. Die Bundesregierung habe zwar kaum Einfluss auf die Höhe der Gehälter. Sie rechne aber mit baldigen Korrekturen.
Im Visier des Aufsichtsamtes sind offenbar der Chef der Deutschen BKK, Ralf Sjuts, der inklusive Gehaltsbonus jährlich bis zu 324 000 Euro kassieren soll, und sein Stellvertreter Achim Kolanoski mit bis zu 299 000 Euro. Eine Gehaltskürzung verlange die Behörde außerdem vom Vorsitzenden der IKK Schleswig-Holstein, Ralf Hermes. Dieser kassiere 272 000 Euro, weil er zusätzlich Chef der IKK Mecklenburg-Vorpommern, der IKK Direkt und des IKK Landesverbandes Nord sei.
Der Chef der Techniker Krankenkasse (TK), Norbert Klusen, der jährlich 216 730 Euro erhält, kündigte eine Klage gegen die nach seinen Worten einseitige Veröffentlichungspflicht der Krankenkassen an: »Es ist nicht einzusehen, warum Sparkassenvorstände oder die Intendanten öffentlich-rechtlicher Sender ihre Gehälter nicht publizieren müssen.«
Das Bundesversicherungsamt will weiter mit aller Härte gegen jene Krankenversicherungen vorgehen, die die Bezüge ihrer Manager nicht offen legen: »Derzeit führen wir 23 Klagen gegen Kassen, die ihrer Pflicht zur Veröffentlichung nicht nachgekommen sind«, sagte Daubenbüchel.
Trotz der Kritik lehnen Politiker und Verbraucherschützer Beitragssenkungen per Gesetz ab. Selbst die Verbraucherzentrale mahnt zur Zurückhaltung: »Die Folge wäre eine Welle von Kassenfusionen und weitere Verunsicherung der Versicherten.«Seite 2: Kommentar

Artikel vom 14.03.2005