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Beamter im Bauamt
kassiert Schwarzgeld

Korruption beim Grundstückskauf

Von Uwe Koch
Bielefeld (WB). Vor einem erneuten Korruptionsfall steht die Bielefelder Stadtverwaltung: Ein Beamter des Bauamtes hat am Freitag vor dem Amtsgericht Bielefeld zugegeben, 38 750 Schwarzgeld für die Zuteilung eines Baugrundstückes kassiert zu haben.

In dem Prozess musste sich ein Mann aus Gütersloh verantworten, der als Diplom-Ingenieur die Projektierung von Wohnbebauung im Bielefelder Stadtteil Jöllenbeck übernommen hatte. Ein Bauherr hatte gegen den Mann Strafanzeige wegen Betruges erstattet: Er hatte im Jahr 1999 ein Grundstück zum offiziellen Preis von 120 000 Mark von den Eltern des früheren Tennis-Profis Hendrik Dreekmann gekauft.
Als Schwarzgeld indes habe der Bauherr weitere 38 750 Mark draufsatteln müssen, sonst hätte er das Areal nicht bekommen. Der Mann zahlte. Skrupel kamen ihm erst, als er drei Jahre später mit den Verkäufern Kontakt bekam und die Familie Dreekmann auf diesen Vorgang entsetzt reagierte.
Der Bielefelder Amtsrichter Klaus Schmitz und Oberstaatsanwalt Burkhard Dannewald mussten sich in dem Verfahren nun von Zeugen belehren lassen, dass die Zahlung von Schwarzgeld bei Grundstückskäufen eine recht »übliche Gepflogenheit« sei. Dannewald bezeichnete die Praxis dann auch als »Betrug zu Lasten von Notaren und des Finanzamtes«.
Klarheit über den Verbleib des Geldes brachte indes erst die eindringliche Vernehmung eines Beamten der Bielefelder Stadtverwaltung. Der angeklagte Diplom-Ingenieur hatte den 43-jährigen Beamten Dirk B. bezichtigt, die außergewöhnliche »Vermittlungsprovision« kassiert zu haben.
Vor dem Amtsgericht Bielefeld stritt der Bauamts-Mann am Freitag alle Vorwürfe ab. Als indes der Oberstaatsanwalt und der Richter massiv die Konsequenzen eines Meineides verdeutlichten, bequemte sich der Beamte zur Wahrheit: »Ich habe das Geld bekommen«, sagte B. kleinlaut.
Kuriosität am Rande: Der Beamte hatte 1999 selbst ein Baugrundstück in dem Wohngebiet von der Familie Dreekmann gekauft. Später versuchte er das Areal weiter zu veräußern, auch in diesem Fall verlangte er von dem potentiellen Käufer Schwarzgeld. Doch der Beamte hatte Pech: Der Käufer machte einen Rückzieher und erzählte den Fall einem Freund - ausgerechnet dem ältesten Sohn von Amtsrichter Klaus Schmitz . . .
Nach dem Strafantrag von Oberstaatsanwalt Burkhard Dannewalld verurteilte das Amtsgericht Bielefeld am Freitag den Diplom-Ingenieur aus Gütersloh zu 3 600 Euro (90 Tagessätze), denn der Mann habe das Schwarzgeld verlangt und weitergeleitet. Nach Dannewalds Worten ist das »fremdnütziger Betrug«.
Aufmerksamer Beobachter des Prozesses war ein Mitarbeiter der Bielefelder Stadtverwaltung, der in der Behörde als Korruptionsbeauftragter fungiert. Ein Sprecher des Oberbürgermeisters Eberhard David mochte gestern zu dem Fall während des laufenden Verfahrens noch keine Stellung nehmen.
Der Beamte muss nun mindestens mit Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung rechnen. Überdies werden alle Grundstückskäufe in dem Wohngebiet unter die Lupe genommen, weil der Mann vom Bauamt auch für Baugenehmigungen zuständig ist.

Artikel vom 12.03.2005