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»Karren aus dem
Dreck ziehen«

Karl-Heinz Becker zieht Bilanz

Von Dieter Wehbrink
Levern (WB). Es gab Zeiten, da musste Karl-Heinz Becker, Vorsitzender der Landwirte im Mühlenkreis, schon schlechtere Wirtschaftsdaten verkünden.

Nach mageren Jahren, so der Landwirt aus Offelten, hätten die deutschen Betriebe im Jahr 2004 laut Agrarbericht immerhin ein kleines Plus von fünf Prozent erwirtschaftet. »Zugegeben - das Produzieren von Fleisch macht wegen der guten Preise Spaß.« Allerdings gebe es keinen Grund zum Jubeln. »So mussten unsere Milcherzeuger enorme Einkommenseinbrüche hinnehmen.«
Die gute Ernte des Jahres 2004 sei zwar erfreulich, habe aber sofort für Preisdruck auf dem Markt gesorgt, resümierte Becker am Freitagabend vor seinen Berufskollegen in der Leverner Festhalle. Die Futtermittelpreise hätten sich auf günstigem Niveau befunden: »Das war gut für Veredlungsbetriebe, die selbst nur über wenig Flächen verfügen und Futter zukaufen müssen.«
Den Milch erzeugenden Betrieben, so Becker, bliebe leider nichts anderes übrig, als auf bessere Zeiten zu hoffen.
Ähnlich wie auch der Gastredner, Niedersachsens Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen (siehe Bericht auf dieser Seite) betonte Becker, dass die rot-grüne Politik den Landwirten schwer zu schaffen mache. »Sie ist in Bund und Land absolut zum Abgewöhnen«, ärgerte sich der Kreisverbandsvorsitzende, der neben den Tierhaltungs- und Tierarzneimittelverordnungen und dem aktuellen Gentechnik-Gesetz auch das geplante Hochwasserschutzgesetz scharf kritisierte.
Ginge es nach Bundesumweltminister Jürgen Trittin, soll ab dem Jahr 2013 auf Flächen, wo es statistisch gesehen einmal in 100 Jahren zum Hochwasser kommt, kein Ackerbau mehr zulässig sein. Für Karl-Heinz Becker eine »unerträgliche Vorstellung«: Allein im Kreis Minden-Lübbecke, so der Vorsitzende würden dann 10 000 Hektar Ackerfläche wegfallen.
Becker zeigte sich in einem Ausblick auf die Zukunft auch vorsichtig optimistisch. Die landwirtschaftlichen Berufsverbände, so ermutigte er seine Zuhörer, ständen ihren Mitgliedern engagiert zur Seite. Nachwachsende Rohstoffe bildeten zusätzliche Einnahmechancen. Der Strukturwandel mit der hohen Zahl aufgebender Betriebe (»So sehr wir dies auch bedauern und kritisieren müssen«) böte Chancen für junge, gut ausgebildete Landwirte.
Allerdings dürfe man diesem Nachwuchs seitens der Politik keine Steine in den Weg legen. Es gelte, die deutschen Landwirte im Vergleich zu anderen europäischen Berufskollegen fair zu behandeln. »Nicht zuletzt auch wegen der der Zahl von 5,3 Millionen Arbeitslosen sollten sich alle Politiker zusammentun und die Karre mit Schwung aus dem Dreck ziehen.«

Artikel vom 14.03.2005