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Das Opfer
bewusstlos
gewürgt

Bewährungsstrafe verhängt

Lübbecke (jug). Wegen gefährlicher Körperverletzung hat das Amtsgericht gestern einen 32 Jahre alten Lübbecker zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Außerdem muss der Mann 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten, sich in der psychiatrischen Klinik in ambulante Behandlung begeben und dem Opfer ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 1 080 Euro Zahlen.

»Mir fehlen die Worte, ich bin schockiert«, kommentierte die Staatsanwältin im Gerichtssaal die Ereignisse, die sich am 15. August 2004 in der Lübbecker Wohnung des Opfers abgespielt hatten. Laut Anklage hatte der 32-Jährige vom Vorabend des Tattages an und die Nacht hindurch beim Stadtfest und in diversen Kneipen eine nicht unerhebliche Menge Alkohol konsumiert - eine Blutprobe am Vormittag ergab 1,65 Promille.
Der Angeklagte machte Bekanntschaft mit einem Mann, der ihm von den Problemen mit seiner Ex-Freundin berichtete. Am Morgen zogen beide Männer dann zur Wohnung besagter Ex-Freundin. Diese gewährte jedoch keinen Einlass, sondern drohte, die Männer sollten gehen, sonst würde sie die Polizei rufen. Daraufhin, so die Staatsanwaltschaft, trat der Angeklagte die Wohnungstüre der 30-Jährigen ein, schlug auf die Frau ein und würgte sie bis zur Bewusstlosigkeit. Vor Gericht bestritt der Angeklagte die Vorwürfe nicht. Warum und wieso er jedoch eine ihm bis dato vollkommen unbekannte Frau derart traktiert hatte - daran konnte er sich nicht mehr erinnern. »Und dann sind Sie gegangen, als ob nichts gewesen wäre?«, fragte Richter Stolte den Angeklagten und warf die Frage auf, ob er gar eine »tickende Zeitbombe« sei. Auch wollte Stolte wissen, ob der Angeklagte bereit sei, sich - wie in der Vergangenheit mehrfach - wieder in ambulante Behandlung der psychiatrischen Klinik zu begeben. Der Angeklagte bejahte dies.
»Ich dachte, der will mich umbringen«, schilderte die 31-jährige Altenpflegerin die Momente der Tat. Körperliche Folgeschäden habe sie nicht davon getragen, aber die Angstgefühle, die seien bis heute geblieben. Auf Nachfrage des Verteidigers wollte die Frau es nicht ausschließen, dass ihr Ex-Freund - mit dem sie ein Kind hat - den Angeklagten zu dieser Tat aufgestachelt haben könnte, ein Umstand, den auch der Verteidiger in Betracht zog. Eine andere Motivation seines Mandanten für eine solche Tat könne er sich nicht vorstellen. Schließlich habe der Ex-Freund dem Opfer schon früher »Böses« angedroht, was die Frau bestätigte. Eine solche »Anstachelung« könne man nicht ausschließen, so Richter Stolte, doch der Ex-Freund sei nicht angeklagt und selbst wenn, würde man es ihm wohl nicht nachweisen können.
Bei der Urteilsbegründung hielt Stolte dem Angeklagten zugute, dass er geständig und strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten sei und sich beim Opfer entschuldigt habe. Leicht hätte die Anklage aber auch auf versuchten Totschlag lauten können, doch da sei die Staatsanwaltschaft von abgekommen, so dass es »nur« um gefährliche Körperverletzung ging. Die finanzielle Entschädigung für das Opfer sei im Grunde nicht ausreichend, doch mehr könne der Angeklagte - derzeit ohne Job - wohl nicht aufbringen.

Artikel vom 11.03.2005