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Sturmlauf gegen Wind-Riesen

Ehrenbürgermeister Lengeling: »Wir sind nicht Borchener Lastenträger«

Von Karl Pickhardt (Text und Fotos)
Borchen/Dörenhagen (WV). Die geplante Ausweisung weiterer Windgebiete in Dörenhagen trifft die Mehrheit der Bevölkerung offenbar ins Mark. »Wir sind nicht der Lastenträger der Gemeinde Borchen«, schrieb Ehrenbürgermeistr Aloys Lengeling (77) gleich zu Beginn einer Einwohnerversammlung Bürgermeister Heinrich Schwarzenberg (57) ins Stammbuch. Dörenhagen hat mit heute 24 Windrädern die Nase gestrichen voll: Der kleinste Borchener Ortsteil kündigt Widerstand gegen weitere Wind-Farmen an.

Die Stimmung unter den 120 Gästen im Dörenhagener Bürgerhus ist gereizt, weil Borchener Gemeindeväter gegen den Widerstand von Ortsvorsteher Klaus Winkler (58) dem kleinen Dorf in Höhenlage weitere Windräder aufs Auge drücken wollen (wir berichteten). »Wir haben genug«, sieht Aloys Lengeling, der als Ortsheimatpfleger (seit 40 Jahren) zur Versammlung eingeladen und zum Protest aufgerufen hatte, ein erträgliches Maß an Windriesen in seinem Heimatort längst überstiegen. Dörenhagener Bürger wie Ratsherr Dr. Klaus Noeke (55) verstehen nicht, dass andere Borchener Ortsteile von Windkraftanlagen nahezu unbehelligt blieben und Dörenhagen demnächst 40 oder 45 Windkraftanlagen ertragen soll. »Wir werden Widerstand leisten«, heizt der langjährige Bürgermeister Lengeling (1979 bis Ende 1992) gleich zu Beginn der Versammlung die Stimmung im Bürgerhaus an.
Eher süffisant merken Bernhard Ekelt und Lengeling an, dass in Alfen trotz windträchtiger Höhenlage kein einziges Windrat stehe, weil ein Gutachten ein vermehrtes Spaziergänger-Aufkommen im Heimatort von Bürgermeister Schwarzenberg festgestellt haben will (höhnisches Gelächter im Saal). Bürgermeister Schwarzenberg kontert, dass er dafür nachts wegen der Flugzeuge in Ahden schlechter schlafe und vom Alfener Friedhof aus durchaus etliche Windräder sehe.
Bürgermeister Schwarzenberg begründet die politische Entscheidung zur Konzentration von Windkraftanlagen in Dörenhagen auch mit seiner Furcht vor einer Niederlage am Richtertisch. Falls Borchen den Eindruck einer »Verhinderungspolitik« der von der rotgrünen Bundes- und Landesregierung gewollten Windkraftnutzung erwecke, drohe vor Gericht ein komplettes Aufhebeln des Flächennutzungsplanes. Dies hätten Büren und Delbrück bereits schmerzlich erfahren. Wenn ein Richter den Flächennutzungsplan vom Tisch fege, gebe es keinen Schutz mehr vor Windrädern: Auf jedem Borchener Hügel könne dann ein Windrad gebaut werden - auch in Dörenhagen. Folglich habe die Gemeinde Borchen das gesamte Gemeindegebiet auf geeignete Windkraftgebiete abgeklopft und in einer Untersuchung festgestellt, dass Dörenhagen in Höhenlage die besten Voraussetzungen biete. Alle Borchener Orte seien nach dem selben Kriterienkatalog untersucht worden. Bürgermeister Schwarzenberg (»ich halte Windkraftanlagen für wirtschaftlichen Blödsinn«) bekannte sich als Windkraftgegner, »aber ich kann doch nicht anders«. Er sei an geltendes Recht gebunden, klagte Schwarzenberg, »auch wenn es gegen meine Weltanschauung ist«.
Den meisten Dörenhagener Bürgern ist die juristische Zwickmühle des Bürgermeisters gleichgültig. Sie verstehen nicht, dass bei der Suche nach Windkraftgebieten nicht auch die hohe Anzahl bereits vorhandener Windräder bewertet werde und der kleinste Ortsteil die Borchener Windlast zu tragen habe.
»Sie wissen jetzt, wie in Dörenhagen der Wind weht«, verabschiedete Heimatpfleger und Ex-Bürgermeister Lengeling den Borchener Bürgermeister nach zwei Stunden Debatte im Bürgerhaus.

Artikel vom 10.03.2005