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»Ich war der Sündenbock«

Vor dem Schlager: Ex-Osnabrücker Schüßler und Spork im Interview

Paderborn (MR). Der Erste gastiert beim Vierten: Das heutige Schlagerspiel VfL Osnabrück gegen den SC Paderborn 07 (Anstoß: 19.30 Uhr, Osnatel-Arena) ist der Hit der Fußball-Regionalliga. Die Paderborner Benjamin Schüßler (23) und Guido Spork (30) stiegen im Sommer 2004 mit dem VfL aus der 2. Liga ab. Vor ihrer ersten Rückkehr sprach WV-Redakteur Matthias Reichstein mit den beiden Mittelfeldspielern.

Herr Schüßler, Herr Spork, heute geht's zum VfL Osnabrück. Was erwartet den SCP? Schüßler: Ein ganz heißes Flutlichtspiel. Da werden mehr als 10 000 Zuschauer kommen und den VfL bedingungslos nach vorne peitschen. Wir müssen von der ersten Minute an hochkonzentriert sein und höllisch aufpassen.
Spork: Ich bin zweimal mit dem Klub aufgestiegen, am Ende der vergangenen Saison aber suspendiert worden. Die VfL-Fans werden entsprechend drauf sein, wenn ich am Ball bin. Aber das stört mich nicht. Wenn ich irgendwo spiele, wo die Leute mich hassen, dann motiviert mich das.

Osnabrücks Trainer Claus-Dieter Wollitz tippt Paderborn als Aufsteiger. Will er nur die Mannschaft einlullen, oder spricht Wollitz den Respekt an, den die dritte Liga vor dem SCP hat? Schüßler: Wir sind Erster, der Respekt ist deshalb da. Aber Wollitz versucht auch, uns in die Favoritenrolle zu drängen. Aber wir wollen in Osnabrück auch punkten, wenn's geht dreifach.
Spork: Da spielt beides eine Rolle. Natürlich stapelt Wollitz absichtlich ein bisschen tief, aber wir sind die beste Mannschaft der Liga und können uns nur selbst schlagen. Das habe ich schon vor Saisonbeginn gesagt und dabei bleibe ich auch.

Der SCP braucht noch »Nachhilfe«, wie gewinnt man denn beim VfL Osnabrück? Schüßler: Wenn man so konzentriert und mit der kämpferischen Einstellung in das Spiel geht wie wir in diesem Jahr gegen Wuppertal oder gegen Köln und spielerisch wieder zulegt. Das müssen wir und das können wir auch.
Spork: Konzentriert und aggressiv müssen wir auftreten, Spielerisch sind wir dem VfL Osnabrück sowieso überlegen.

Fällt heute Abend schon eine Vorentscheidung?Schüßler: Für den VfL ist es ein ganz wichtiges Spiel. Wenn Osnabrück uns schlägt, ist das Aufstiegsrennen wieder offen. Wir können uns dagegen mit einem Sieg etwas absetzen.
Spork: Für den VfL ist es die letzte Chance. Bei einem Sieg wären wir elf Punkte weg, das kann man in acht Spielen nicht mehr aufholen. Wir müssen aber den VfB Lübeck noch im Auge behalten. Lübeck hatte ich eigentlich nicht mehr auf der Rechnung, aber die haben einen Lauf.

Aber nicht immer gewinnt die bessere Mannschaft.Schüßler: Wie vor zwei Jahren. Da spielten Guido und ich für den VfL, gewannen gegen Paderborn total glücklich 3:2 und stiegen drei Monate später in die zweite Liga auf. Aber das Glück braucht man, wenn man hochgehen will.
Spork: Unser Siegtor fiel erst in der Nachspielzeit und war total unverdient. Paderborn war in der Saison die mit Abstand stärkste Mannschaft, gegen die wir zuhause gespielt haben und hatte mindestens einen Punkt verdient.

Mit insgesamt 19 Gelben und einer Gelb-Roten Karte zählt ihr zu den hochgradig gefährdeten Spielern. Es sollen ja in Osnabrück schon Wetten laufen, wer zuerst vom Platz fliegt.Schüßler: Natürlich ist es ein besonderes Spiel, alles andere zu behaupten wäre Quatsch. Aber ich werde versuchen, so ruhig wie möglich zu sein. Ich will die Mannschaft ja nicht schwächen.
Spork: Diesen Gefallen werden wir den Osnabrückern nicht tun. Das wird die erste Genugtuung für mich sein, wenn ich nach 90 Minuten noch auf dem Platz stehe.

Claus-Dieter Wollitz sagte im Interview mit dieser Zeitung, er hätte Benjamin Schüßler im Sommer gerne behalten, bei Guido Spork sei dagegen der Bruch zu groß gewesen.Schüßler: Dann hätte er mit mir mal sprechen müssen. Aber das Thema ist durch, jetzt spiele ich beim SC Paderborn und will zurück in die 2. Liga.
Spork: Ich war der Sündenbock und für den Verein der Hauptverantwortliche für den Abstieg. Es wurde ein Schuldiger für die verkorkste Saison gesucht und die Wahl fiel auf mich. Aber man sieht sich immer zwei Mal im Leben.

Artikel vom 12.04.2005