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Fleisch falsch
ausgezeichnet

Abgelaufene Ware als frisch verkauft

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld/Hannover (WB). In einer Filiale der Supermarkt-Kette »Real« im Raum Bielefeld soll vor Geschäftsbeginn Frischfleisch neu verpackt worden sein, um es trotz abgelaufenen Verbrauchsdatums verkaufen zu können. Entsprechende Hinweise liegen der Staatsanwaltschaft Oldenburg vor.

Ein Mitarbeiter des Unternehmens habe sehr detaillierte Hinweise auf diese kriminellen Praktiken gegeben, sagte gestern Abend Staatsanwalt Bernard Südbeck, Sprecher der Staatsanwaltschaft in Oldenburg, dieser Zeitung. Nach den bisherigen Hinweisen sei nicht nur ein Real-Markt im Raum Bielefeld, sondern auch eine Filiale in Südniedersachsen betroffen.
Die Staatsanwaltschaft Oldenburg ermittelt in dieser bereits gegen neun Personen. Bei den Beschuldigten handele es sich um Mitarbeiter der Supermarktkette »Real« in den Filialen Laatzen und Langenhagen bei Hannover.
Zwei von ihnen seien als Fleischermeister tätig. Vermutlich sei das Frischfleisch umdeklariert worden, um den finanziellen Verlust gering zu halten, sagte Südbeck. Bonuszahlungen für eine geringe Ausschuss-Quote in den Frischfleisch-Abteilungen könnten eine Rolle gespielt haben. Vier Beschuldigte seien bereits vernommen worden. Drei hätten zugegeben, zumindest an einem Tag das Datum bei Frischfleisch manipuliert zu haben. Nach Angaben einer Firmensprecherin sind die beschuldigten Mitarbeiter freigestellt worden.
Die Aussage eines ehemaligen Mitarbeiters habe bereits zu einer Razzia in den Filialen in Laatzen und Langenhagen geführt. Bei der zeitgleichen Durchsuchung am 1. März seien in den beiden Filialen vor Geschäftsbeginn gegen 6.15 Uhr Mitarbeiter auf frischer Tat ertappt worden, wie sie Frischfleisch umdeklarierten. Aufgerissene Packungen mit dem alten Verbrauchsdatum seien sichergestellt worden. Ermittelt werde jetzt wegen Verstoßes gegen das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz sowie gegen die Hackfleischverordnung, sagte Südbeck dieser Zeitung. Bedroht seien derartige Vergehen mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren.
Auch die Real-Firmenzentrale in Mönchengladbach sei am 1. März durchsucht worden. Hinweise auf eine zentrale Steuerung des illegalen Verhaltens hätten sich aber nicht ergeben. Die Verantwortlichen des Unternehmens seien überrascht und schockiert gewesen. Sie hätten der Staatsanwaltschaft Kooperation angeboten, damit die Vorgänge lückenlos aufgeklärt werden könnten, sagte Südbeck. Das Unternehmen habe immer wieder auf die peinliche Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften gerade bei Hackfleisch hingewiesen und bei Verstößen fristlose Kündigung angedroht.

Artikel vom 08.03.2005