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»Fürs Soziale habe ich wirklich keine Zeit«

Gesche Tietjens las im Pöppelmann-Haus aus Briefen von Horst Janssen - große Resonanz


Herford (bex). Es müssen aufregende, glückliche, anstrengende, fruchtbare, turbulente, leichte und schwere, aber niemals langweilige Jahre einer bemerkenswerten Beziehung gewesen sein. Gesche Tietjens, die ehemalige Lebensgefährtin des großen Zeichen-Künstlers Horst Janssen, berichtete am Wochenende ausführlich über die vier Jahre ihres gemeinsamen Lebens. Die Stühle reichten nicht aus, als sie im Untergeschoss des Pöppelmann-Hauses, umgeben von den Werken des 1996 verstorbenen Janssen, aus ihrem Buch »Ach, Liebste, flieg mir nicht weg« vortrug. Darin hat sie - stilistisch brillant - die Geschichte ihres gemeinsamen Lebens mit Janssen aufgeschrieben. Kernstück sind jedoch seine Briefe an sie, Gesche, die Mutter des gemeinsamen Sohns Adam.
In ihren »20-ern« war die studierte Graphikerin Ende der 60-er Jahre dem Zeichen-Großmeister über den Weg gelaufen, ein sich selbst verachtender Egomane (»Fürs Soziale habe ich wirklich keine Zeit«), der »keine Götter neben sich duldete«. Mal panisch, mal melancholisch, ebenso sehnsüchtig wie knabenhaft verfasste der »dauerhaft Heranwachsende« seine Briefe an die Geliebte - selbstverständlich immer mit Zeichnungen versehen. Ihr bisweilen äußerst ironischer Umgang miteinander erinnerte dabei an eine ähnliche Beziehung zweier Künstler, deren Briefwechsel, ebenfalls als Buch publiziert, für viel Aufsehen gesorgt hatte: Eva-Maria Hagen und Wolf Biermann (»Eva und der Wolf«).
Als Ergänzung zur aktuellen Janssen-Ausstellung im Pöppelmann-Haus wird dort morgen, Mittwoch, um 18 Uhr die Ausstellung »Schattenlinien« mit Werken von Gesche Tietjens eröffnet.

Artikel vom 08.03.2005