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Klanggewitter
über kleiner Terz

Monika Krahforst an Rieger-Orgel

Von Manfred Stienecke
Paderborn (WV). Einen kühnen musikalischen Bogen vom klar strukturierten Tonsatz des Frühbarock hin zum modernen offenen Klanggestus schlug die Paderborner Organistin Monika Krahforst in Wewer.

Das zweite Konzert im noch ganz winterlich geprägten Frühjahrs-Zyklus eröffnete die Ehefrau des Paderborner Domorganisten an der Rieger-Orgel ganz traditionell mit einer »Passacaglia« von Buxtehude und einer Choralbearbeitung von Bach, in der sie eindrucksvoll demonstrierte, dass sich formale Disziplin und Virtuosität einander nicht ausschließen müssen. Beide Stücke präsentierte sie als transparent durchhörbare Kompositionen in akkurat gehaltenen Tempi, wobei die Bach'sche Klage »O Mensch, bewein' Dein' Sünde groß« durch die fast liebliche Stimmung und das durchgehaltene Tremolo gemildert schien.
Dem Andenken an den großen Leipziger Thomaskantor widmete Franz Liszt seine »Phantasie und Fuge« über das Motiv B-A-C-H. Monika Krahforst verdichtete die harmonische Reibung der vier Schritte über der kleinen Terz zu einem geladenen Spannungsfeld, das sich in einem eruptiven Halbton-Gewitter mit wallenden Klangkaskaden entlud - ein erster Höhepunkt des Konzerts, dem sich nach César Francks zunächst lieblich angestimmten, dann kraftvoll-prägnant gesteigerten »Prélude, Fugue et Variation« das eigentliche Hauptwerk anschloss.
Die »Musica Dominicalis« des tschechischen Komponisten Petr Eben (Jahrgang 1929) wurde zum grandiosen Schlusspunkt des Orgelsonntags in Wewer. Wie ein chaotischer Weckruf am Ruhetag nach der anstrengenden Schöpfungswoche stellt das Werk zunächst die Ordnungsprinzipien in Frage, um den divergierenden Elementen allmählich ein stützendes Motiv anzubieten. Die Musik beginnt zu »funktionieren«, Schritt für Schritt entspinnt sich ein gefestigtes Klanggewebe, das im Finale zum virtuosen Zusammenspiel aller Teile führt. Die Tonschöpfung zeigt sich endlich allen an sie gestellten Prüfungen gewachsen. Dem versöhnlichen Schlussakkord folgte der spontane Applaus in der Pfarrkirche.

Artikel vom 08.03.2005