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Trotz Landschaftschutz
60 Obstbäume gerodet

Umweltschützer wollen Graf Kerssenbrock anzeigen

Borgholzhausen (kan). Die Umweltschützer sind sprachlos und wollen Anzeige erstatten: Eine der größten Obstbaumwiesen in Pium ist dem Erdboden gleich gemacht worden, obwohl sie im Landschaftsplan Osning einen besonderen Schutz genießt. »Anfang Februar sind 60 Obstbäume am Hengbergweg gerodet worden«, erklärt Markus Kemper, der Vorsitzende der Grünen.

Ina Bormann kann sich noch gut daran erinnern, wie die Naturschutzgruppe 1991 die Bäume - hauptsächlich alte Apfelsorten, die inzwischen einen Durchmesser von rund 15 Zentimetern hatten - in Absprache mit dem damaligen Besitzer gepflanzt hatte. »Wir haben sie auch in den vergangenen Jahren mit dem ehemaligen Pächter der Fläche, Hartwig Blotenberg, gepflegt«, erzählt das GNU-Mitglied. 1800 Mark Fördermittel habe der Kreis Gütersloh damals für diese Maßnahme gezahlt.
Mit dem Verkauf des Hofes Marten an die Familie Kerssenbrock habe auch der Pächter gewechselt. Dieser habe Anfang Februar die Bäume gerodet. »Ich war sehr erstaunt, als ich das sah. Er ist mit dem Trecker so lange gegen die Bäume gefahren, bis sie umgekippt sind«, berichtet die Anwohnerin Cornelia Heidrich.
Die Untere Landschaftsbehörde ist erst Ende vergangener Woche von den Naturschützern über die Rodungsaktion in Kenntnis gesetzt worden. »Wir haben am Freitag ein Gespräch mit dem Besitzer Georg Graf Kerssenbrock geführt. Er hat jetzt Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Dann wird entschieden, was gemacht wird - ob er für Ersatz sorgen oder eine Geldbuße zahlen muss«, sagte Wilhelm Gröver, der Abteilungsleiter des Kreisumweltamtes, gestern im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT. Die Rodung widerspreche den Festsetzungen des Landschaftsplanes Osning.
Georg Graf Kerssenbrock, der das Gut Brincke und die dazugehörigen Ländereien im Jahr 2000 übernommen hatte und später den Hof Marten kaufte, wollte gestern auf WB-Anfrage keine Stellungnahme abgeben.
Die Naturschützer sind über eine weitere Maßnahme des neuen Besitzers bzw. Pächters verärgert. »Anfang der vergangenen Woche ist ein etwa 4000 Quadratmeter großer Feldgehölzbereich oberhalb des Baugebietes Heidbrede mit einem Vollernter komplett gemulcht worden«, sagt Dirk Nolkemper, der zwar Umweltbeauftragter der Stadt ist, gestern aber lediglich in seiner Eigenschaft als GNU-Mitglied auftrat. Jäger hätten 1982 eine etwa 1300 Quadratmeter große Fläche unterhalb des Hofes Stute mit Schlehen, Hundsrose und Weißdorn bepflanzt - zum Teil aus Landesmitteln.
Da Hartwig Blotenberg auch diese Fläche extensiv bewirtschaftet habe, so Nolkemper, seien daraus 4000 Quadratmeter geworden. »Diese Feldschutzinsel war eine gute Rückzugsmöglichkeit für die heimischen Tiere. Jetzt ist sie verschwunden«, bedauert Anlieger Stefan Hoffmann.
Ob Obstbäume oder Feldgehölz - die Umweltschützer können nicht nachvollziehen, warum sie entfernt wurden. Markus Kemper: »Das nützt dem Pächter und dem Eigentümer nichts und verursacht nur zusätzliche Kosten. Der Boden ist an beiden Standorten schlecht und eignet sich nicht für eine intensive Nutzung. Es handelt sich um eine Ordnungswidrigkeit.« Jeder wisse, so Ina Bormann, dass gliedernde Landschaftselemente wie Hecken, Feldgehölze und Obstbäume nicht einfach so beseitigt werden dürften, sondern geschützte Bereiche seien.

Artikel vom 08.03.2005