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»Wir sind doch nur ein Dorfverein«

Beim TVI gibt's auch in der Landesliga kein Geld - HSG-Konzept käme nie in Frage

Von Uwe Caspar und
Wolfgang Wotke (Foto)
Gütersloh (WB). Rund 17 Jahre spielte er in der ersten Handballmannschaft des TV Isselhorst, fast immer zusammen mit seinem nur ein Jahr jüngeren Bruder Christian. Der glänzte als Torjäger, während Andreas Herzigs Stärken in der Defensive lagen. »Nach Ende meiner aktiven Laufbahn habe ich dann unseren damaligen Trainer Berni Kempa unterstützt«, erzählt Andreas Herzig. Heute fungiert der 43-Jährige als stellvertretender Abteilungsleiter und »Sportdirektor« des Landesliga-Teams.

Die Handballer sind das Aushängeschild des Vereins - doch es gab zuletzt organisatorische Probleme ...Andreas Herzig: Richtig. Unserem Abteilungsleiter Uwe Bastert und mir wuchs die Arbeit über den Kopf, wir schafften sie nicht mehr. So konnte es nicht weitergehen, schließlich ist der Aufwand bei immerhin fünf Senioren- und acht Nachwuchsmannschaften beträchtlich. Inzwischen haben wir eine für alle befriedigende Lösung gefunden. indem wir die Arbeit auf vielen Schultern verteilen konnten. Ein modern geführter Verein braucht sogar einen Spezialisten für den Computer. Heutzutage wird es aber immer schwerer, Leute zu finden, die ehrenamtlich mitmachen. Dabei benötigen wir an jedem Wochenende allein fünf Zeitnehmer. Beim TVI sind es überwiegend Mitglieder aus den dem 60er-Jahrgang, die in der Organisation zur Stange halten, der 70er-Jahrgang fehlt. Diese Leute sieht man leider nicht mehr.
Nach 32 Jahren gelang dem TVI endlich der Sprung in die Landesliga - hatten Sie schon resigniert?Andreas Herzig: Auf keinen Fall. Wenn Marco Perschke und Matthias Lewerenz uns nicht in Richtung Verl verlassen hätten, wären wir schon vor einigen Jahren aufgestiegen. Schließlich warfen Marco und »Matze« in jeder Saison die Hälfte unserer Tore. Zunächst war ich sauer auf beide, weil sie ihr Wort gebrochen hatten. Doch wir haben uns längst wieder vertragen.
Wie lauten die Ziele des TVI: Landesliga halten oder noch höher hinaus?Andreas Herzig: Der Aufstieg hat auch für einen Zuschauer-Boom gesorgt. Wir möchten uns in dieser Klasse etablieren und wollen auf keinen Fall in die Bezirksliga zurück, wo das Niveau in den vergangenen Jahren immer schwächer wurde. Außerdem ist die Landesliga so interessant und attraktiv, dass man hier bei Bedarf nicht um Spieler betteln muss: Sie bieten sich meistens von selbst an. Mittelfristig setzen wir auf unsere gute Nachwuchsarbeit - in zwei Jahren rücken weitere talentierte Spieler zu den Senioren auf. So wie schon Lennart Böhm, Torben Schröder, Daniel Plum, Malte Tofing und Tobias Siekmann, die bei uns sämtliche Jahrgänge durchlaufen sind.
Nach einer starken Hinrunde befindet sich der TVI plötzlich in Abstiegsgefahr. Trainer Lutz Strauch soll den Spielern sogar mit seinem Rücktritt gedroht haben...Andreas Herzig: Davon höre ich zum ersten Mal. Mir gegenüber jedenfalls hat Lutz eine solche Drohung nicht einmal angedeutet. Im Moment ist bei uns zwar der Wurm drin, doch diese Mannschaft, die charakterlich super zusammenpasst, geht auf keinen Fall runter. Wir haben die Personalien für die nächste Saison auch fast schon abgeschlossen. Bis auf Till Hanneforth und Dixi Heitmann, beide beenden ihre Laufbahn, machen alle weiter. Dazu möchten wir gern noch den Rückraum verstärken. Und mit Lutz Strauch haben wir einen Coach, der geradezu verrückt auf Handball ist. Der würde auch mitten in der Nacht zum Training kommen, wenn wir es wollten.
Hält der TVI weiter an seinem Prinzip fest, den Spielern keine so genannte Aufwandsentschädigung zu zahlen?Andreas Herzig: Natürlich, das ist ja bei uns schon Tradition und gilt auch für die Landesliga. Wir sind eben nur ein Dorfverein. Lediglich die wenigen auswärtigen Akteure wie Björn Czarnetzki und Rolf Czeslick, die beide in Bad Salzuflen wohnen, kriegen Kilometergeld. Aber das ist so gering, dass die betreffenden Spieler fast schon zuzahlen müssen. Der Verein braucht das Geld für andere Dinge. Allein die Schiedsrichterkosten belaufen sich pro Serie auf 6000 Euro.
Neidisch auf den Nachbarn HSG Gütersloh, der allein für die Ausstattung des Verbandsliga-Teams 15 000 Euro aufgewendet haben soll?Andreas Herzig: Da kann ich nur schmunzeln. Eine sensationelle Summe, das glaubt ja nicht einmal die Waldfee. Wir können nur 3000 Euro ausgeben, und das ist keine schlechte Ausrüstung. Mir ist schleierhaft, wieso die HSG soviel Kohle nur für Klamotten ausgibt. Wahrscheinlich tragen ihre Spieler Designer-Unterhosen.
Nicht wenige Klubs aus dem Kreis reagieren mit Häme auf das sportlich schlechte Abschneiden der Gütersloher ...Andreas Herzig: Wir bestimmt nicht. Die HSG hat sich für diesen Weg entschieden, der für uns allerdings nie in Frage käme. Den Güterslohern muss man zu Gute halten, dass sie im Handball hier einiges bewegt haben. Ich bin nur gespannt, ob sie den eingeschlagenen Kurs weiter halten können.

Artikel vom 05.03.2005