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Erst Traum - dann Albtraum

32:34 - Acht Tore Vorsprung reichten dem TuS N-Lübbecke nicht

Frankfurt (hok). Als beim Spiel des TuS N-Lübbecke bei der SG Wallau-Massenheim der Hallensprecher den Treffer des Wallauer Rechtsaußen Einar-Örn Jonsson zum 14:22 in der 32. Minute mit den Worten: »Das war der erste Treffer zur Aufholjagd« kommentierte, huschte über die Gesichter der knapp 2000 Zuschauer in der Frankfurter Ballsporthalle allenfalls ein müdes Lächeln.

Die meisten schüttelten mit dem Kopf. Vielleicht sollte der Mensch am Wallauer Mikro seinen Beruf wechseln und Prophet werden, denn am Ende der Spielzeit hatte die finanziell arg gebeutelte SG ein Wunder vollbracht und ein verloren geglaubtes Spiel noch mit 34:32 (13:20) gewonnen. »Wie konnte das passieren?«, fragten sich nicht nur Mannschaft, Verantwortliche und die wenigen Lübbecker Fans, die sich am Freitag auf den Weg in die Mainmetropole gemacht hatten. Auch SG-Trainer Martin Schwalb, der in seiner Karriere schon viel erlebt hatte, fand nur Platitüden, um das zu erklären, was sich zwischen der 37. und 60. Minute auf dem Parkett der Ballsporthalle abspielte: »Totgesagte leben länger!«, »Das Spiel dauert 60 Minuten«, warf Schwalb in den Raum, ehe er das Spiel plakativ zusammenfasste: »Die erste Halbzeit war ein Albtraum - das Ende ein Traum!« Was man aus TuS-Sicht genau anders herum gesehen hatte.
Weil Tönnesen erkrankt war, Jan-Thomas Lauritzen wegen seiner Adduktorenzerrung passen musste, stellte sich der Nettelstedter Rückraum von selbst auf: Tobias Schröder Mitte, Fabian van Olphen links, Rolf Hermann rechts. Eine Überraschung war nur, dass Jens Pfänder Sascha Bertow auf Linksaußen den Vorzug vor Goran Sprem gab.
Der TuS erwischte den besseren Start (5:3, 8.), Tobias Schröder traf in dieser Phase viermal und Nandi Fazekas entschärfte zwei Strafwürfe. Wallau konterte, ging mit 7:5 (12.) in Front. Es folgten die stärksten 18 Minuten des TuS in dieser Saison. »Wir haben da am oberen Limit dessen gespielt, wozu wir in der Lage sind«, so Jens Pfänder. Die Abwehr stand, Daniel Kubes gewann Ball um Ball, die »Gegenstoßmaschine« (Schwalb) lief wie geschmiert. Wallau wurde mehr und mehr unsicher, die Lübbecker Deckung zwang die »Panther« zu überhasteten Würfen oder Fehlabgaben. Zwischen der 23. Minute und dem Halbzeitpfiff erhöhten Hermann, van Olphen, Bertow und nochmals Hermann von 15:12 auf 20:13.
»In der Halbzeit sind deutlich Worte gefallen«, räumte Martin Schwalb ein. Es waren offensichtlich die richtigen Worte, denn Wallau riss sich jetzt am Riemen. Verbunden mit einer Deckungsumstellung von 3:2:1 auf 5:1, die die Räume für Paco Fölser verengte und den Rückraum verstärkt zu Aktionen zwang, holte die SG Tor um Tor auf. Auch SG-Keeper Zoran Djordjic steigerte sich und wurde zunehmend zum unüberwindlichen Hindernis. Zudem brach bei Daniel Kubes die alte Oberschenkelverletzung wieder auf, so dass er in der zweiten Welle nicht mehr mitwirken konnte.
Hier das Protokoll einer unglaublichen Schlussphase: 19:25 (37.) - Nandi Fazekas
hält gegen Grimm. Fabian van Olphen holt einen Siebenmeter heraus. Djordjic hält gegen Goran Sprem, der Ball bleibt aber beim TuS. Rastner bekommt eine Zeitstrafe. Tobi Schröder unterläuft ein Schrittfehler (Fehlentscheidung). Daniel Kubes wehrt mit dem Fuß ab und muss raus. Wallau bekommt einige Sekunden später einen Siebenmeter, Lavrov verwandelt zum 20:25. Schröder scheitert an Djordjic, Perunicic Doppeldribbel, van Olphen spielt einen Pass auf Paco Fölser, der wird klar gehalten, die Schiris sehen«s nicht, der Pass geht ins Leere. Djordjic passt nach vorne, Fazekas kommt aus dem Tor, kann den Pass nur ins Seitenaus klatschen. Perunicic reagiert und wirft von der Seitenlinie aus 15 Metern ins leere Tor: 21:25 (42.). Schröder trifft nur Djordjic. Grimm 22:25. Schröder unterläuft ein Fangfehler, Perunicic per Tempogegenstoß 23:25. Auszeit TuS nach 43:35 Minuten - Goran Sprem kommt auf LA für Sascha Bertow, Pierre Hammarstrand für Dirk Hartmann. Rolf Hermann trifft zum 23:26. Dominik Klein netzt von Linksaußen zum 24:26 ein. Rolf Hermann tritt die Latte, der Ball landet bei Wallau. 25:26 Klein aus der zweiten Welle. Goran Sprem trifft zum 25:27, Behrends zum 26:27-Anschluss. Van Olphen hämmert: 26:28, Grimm verkürzt zum 27:28. Kasa Szmal kommt für Nandi Fazekas (48.). van Olphen, verbeult den Pfosten, Klein dreht am Tor vorbei, Paco Fölser scheitert frei vom Kreis an Djordjic, Siebenmeter für den TuS und Zeitstrafe gegen Rastner. Sprem verwandelt im Nachwurf: 27:29. Auszeit Wallau (51.). Tiedtke am Kreis trotz Unterzahlsituation sträflich frei: 28:29. Hammarstrand holt einen Siebenmeter heraus. Schröder verwandelt: 28:30 (52.). Behrends tankt sich wieder durch: 29:30. Hermann zum 29:31. Kasa Szmal zeigt eine Doppelparade gegen Tiedtke. Hermann trifft Djordjic, Fölser zum 29:32 (55.). Bis dahin hatte der TuS trotz erkennbarer Unzulänglichkeiten das Spiel im Griff. Die Zeitstrafe gegen van Olphen brach dem Aufsteiger aber das Genick. Henrik Ortmann kommt in den linken Rückraum. 30:32 Behrends. Ein zweifelhaftes Stürmerfoul Ortmanns bringt Wallau in Ballbesitz: Die SG holt einen Siebenmeter heraus, Lavrov trifft: 31:32. »Doris« scheitert mit einem sehr laschen Unterarmwürfchen an Djordjic. Tiedtke macht den Konter: 32:32. Die Halle tobt. Wallau nutzt die Überzahl zu einem 3:0! Passives Spiel TuS, Klein per Konter 33:32. Schröder versucht«s noch einmal. Djordjic ist erneut Sieger. Wallau bekommt ne Marke, Lavrov abgezockt: 34:32! Wallaus Betreuer bekommt Rot, Tiedtke muss ebenfalls raus (Fußspiel). Noch knapp eine Minute: Pierre Hammarstrand, völlig frei, scheitert an Djordjic. Der (megabittere) Drops ist gelutscht.

Artikel vom 07.03.2005